Die indirekte Kraft der Farben

Bis November läuft bei Meta Weber die Ausstellung „Der stille Gesang der Sirenen“.

Krefeld. So etwas nennt man wohl einen poetischen Titel. „Der stille Gesang der Sirenen“ haben Sybille Pattscheck und Freddie Michael Soethout ihre Ausstellung in der Galerie Meta Weber getauft. Der konkrete Verweis auf die griechische Mythologie führt allerdings ein wenig in die Irre.

Ob der Gesang der Sirenen still gewesen ist, hat Homer nicht übermittelt. Betörend soll er gewesen sein, so betörend, dass die, die ihn hörten, ihm blindlings folgten. Der schlaue Odysseus verpasste seinen Gefährten deshalb Ohrenstopfen. Er selbst aber war neugierig, ließ sich an den Mast seines Schiffes binden. So segelte Odysseus an der Sireneninsel vorbei, wurde betört, aber musste nicht folgen.

Sinnenberauschende Wirkung haben weder die gläsernen Bildobjekte von Soethout noch die Enkaustik-Malerei von Pattscheck. In der Galerie Meta Weber wird geschmackvoll präsentiert, was offenbar mit selbst auferlegter Zurückhaltung gefallen will.

Pattschecks Enkaustik-Malerei setzt auf die Kraft der Farben, tut das aber auf indirekte Weise. All ihre Farben wirken in der Grundwirkung abgeschwächt, matt. Aber der Glanz des Wachses — bei der Enkaustik werden die Farben in Wachs gebunden und heiß aufgetragen — gibt ihnen trotzdem Strahlkraft.

Abstrakte Farbverläufe in vertikaler Anordnung dominieren bei Pattscheck, man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Wohlgefällige hier in Serie produziert wird.

Auch Soethout bedient sich bei seinen Glasobjekten in dieser Ausstellung einer stets wiederkehrenden Technik. Er klebt Glasstreifen aneinander. Zwischen die Glasstreifen platziert er eingefärbtes Silikon.

Sieht man von vorne auf die Bruchkanten des Glases, so schimmert nur die weiße Wand durch die Glasstreifen hindurch. Blickt man jedoch von der Seite, offenbaren sich die Farbeinschlüsse. Je spitzer der Winkel, unter dem man die Objekte betrachtet, desto mehr verdichten sich die Farbtupfer zu gesprenkelten Flächen.

Soethout und Pattschecks Werke arbeiten also beide mit durch die jeweilige Technik bedingten indirekten Effekten, im übertragenen Sinne sind sie zunächst „still“. Was sie aber jenseits der Stille zu sagen haben, kommt über eine sich selbst genügende Ästhetik nicht hinaus. Die Sirenen genannten Fabelwesen aus der griechischen Mythologie müssen mehr zu erzählen gehabt haben.