Hörspiel: Eine Näherin von Tapir-Schatten

Den Auftakt der Reihe zur Sinnfrage macht eine WDR-Produktion von Matthias Schamp.

Krefeld. Im April und im Mai 2007 strahlte der WDR das erste Hörspiel des Krefelder Autoren und Künstlers Matthias Schamp aus. Die WZ berichtete seinerzeit ausführlich. "Der Aufstand in den Sinnscheiße-Bergwerken" heißt das groteske Zukunftsszenario, das jetzt zum Auftakt einer Reihe mit dem Thema "Die Sinnfrage" im Niederrheinischen Literaturhaus an der Gutenbergstraße präsentiert wurde.

Organisator Thomas Hoeps, in Mönchengladbach Leiter des Kulturbüros, hat für die Veranstaltung sein altes Reihenlabel "Lesungen in Krefeld" reaktiviert, als Kooperationspartner hat er das Krefelder Kulturbüro und den Anderen Buchladen gewonnen. Die Moderation des Hörspielabends mit Schamp lag bei Hoepsí Mitarbeiterin Katrin Schwermer-Funke.

Die im Titel genannte Sinnscheiße ist der Stoff, aus dem in Schamps anderer Welt alles produziert wird. Sie wird in Bergwerken "unter Blut, Schweiß und Tränen" gefördert. Eine Frau bringt den Protagonisten, kurz Proto, darauf, dass die Sinnscheiße aber doch auch auf der Oberfläche frei herumliege. Als Proto diese simple Wahrheit aufgeht, startet er eine Revolution.

Der Chef, Herrscher des Systems, das auf "Mehrwert"-Schöpfung und "Profitmaximierung" beruht, und sein Diener Hegel thronen in einem Hochhaus. Doch am Ende bricht die Schaltzentrale der Macht zusammen. Das hat weniger mit Protos nutzlosem Heldensterben zu tun, als vielmehr mit der durch die Frau, einer Tapirschattennäherin, eher beiläufig entfesselten Natur.

Schatten, die Tapire werfen, Menschen die Tapirschatten nähen, Hochhäuser, die wachsen und schrumpfen können - Schamps überbordende Fantasie sorgte auch im Literaturhaus für einige Lacher. "Die meisten meiner Texte sind Gedankenkino", erklärte der Autor, seien zu grotesk für Theater oder Kino.

Die Tapire, die am Ende des Hörspiels die betonierte Welt stürmen, sieht der Autor weniger als entfesselte Natur, sie sind für ihn vielmehr "das, was im System nicht aufgeht", der "unerklärbare Rest". Der "Sinn" ist in seinem System von Menschen gemacht, also nichts Übergeordnetes. Es wird für ein gesellschaftliches Oben und Unten gesorgt. Direktiven dienen dem Machterhalt der Herrschenden. Die kurze Freiheit der Rebellion eröffnet den Figuren eine andere Sinnperspektive: Anstatt das System zu stützen, tun sie, was ihnen buchstäblich nahe liegt.