„Ich bin nicht Rappaport“: Die Abgründe des Alters
„Ich bin nicht Rappaport“ feiert eine umjubelte Premiere im Krefelder Stadttheater.
Krefeld. Anfangs haben Nat und Midge nur zwei Dinge gemeinsam: das hohe Alter und ihre Lieblingsbank im New Yorker Central Park. Dort verbringen die Herren gezwungenermaßen viel Zeit miteinander, auch wenn sie sonst wie Feuer und Wasser sind.
Nat, bekennender Kommunist, Klassenkämpfer und Kiffer, hat einen Hang zu fantasievollen Lügengeschichten. Hemmungslos extrovertiert begegnet er den Menschen um ihn herum. Der Hausmeister Midge dagegen ist bodenständiger. Er weiß, dass er wegen seines Alters nicht mehr so kann, wie er will — und setzt deshalb eher auf Anpassung als auf Konfrontation.
Als sich die beiden zusammentun, beginnt eine aufregende Zeit. Sie retten mit einer List Midges Hausmeisterjob, legen sich mit einem jungen Schläger an und versuchen, ein Mädchen vor ihrem Drogendealer zu beschützen.
Das Bühnenbild von Janine Hoffmann schafft die perfekte Kulisse für diese Geschichte über den „Herbst des Lebens“. Überall liegt Laub, im Hintergrund rostet eine alte Brücke vor sich hin.
Das Publikum hatte bei der Premiere von „Ich bin nicht Rappaport“ am Samstag sichtlich Spaß, den alten Haudegen Midge und Nat auf der Bühne zuzusehen — vor allem dank der grandiosen Leistung der Schauspieler Joachim Henschke und Matthias Oelrich. Regisseur Matthias Kniesbeck erlaubt den Theaterveteranen, sich völlig frei auf der Bühne zu entfalten.
Das nutzen sie natürlich aus: Sie albern herum und erzählen sich alte Geschichten über Beruf, Liebe und Frauen. Zwischendurch geraten sie sich derart herrlich in die Wolle, dass man sich an das berühmte Senioren-Duo Walter Matthau und Jack Lemmons erinnert fühlt. Selbst den eher schleppenden und sehr dialoglastigen Beginn des Stücks machen Henschke und Oelrich erträglich.
Besonders deutlich wird ihre Klasse aber in den eher stillen und ernsten Momenten des Stücks. Dann, wenn es um die Tücken des Alters geht sowie um die Ängste von Nat und Midge. Die beiden fürchten sich nämlich davor, nicht mehr gebraucht zu werden und auf dem Abstellgleis namens Seniorenheim zu landen. Genauso nachvollziehbar ist aber auch das Dilemma von Nats Tochter Clara (Esther Keil), die sich Sorgen um ihren renitenten Vater macht.
Zum Abschluss gab es tosenden Applaus — und wahrscheinlich hat so manch ein Zuschauer am nächsten Tag seine Eltern oder Großeltern angerufen.