Literarischer Sommer: Grenzgängerin sucht nach russischen Spuren

Krefelder Auftakt des Literarischen Sommers mit der Niederländerin Marente de Moor.

Krefeld. Marente de Moor ist eine wahre Grenzgängerin. Die Schriftstellerin aus den Niederlanden hat Slawistik studiert, ein Jahrzehnt in St. Petersburg verbracht und lebt nun im Länderdreieck Belgien, Deutschland, Niederlande.

Aus ihren Erfahrungen in der russischen Gesellschaft und der russischen Gemeinde in Amsterdam hat sie den Stoff für ihren ersten Roman „Amsterdam und zurück“ gewonnen. In der Fabrik Heeder las sie am Donnerstag daraus, der Krefelder Auftakt des Literarischen Sommers.

„Grenzgänger“ — so das Motto des Abends — sind auch die Gestalten in de Moors Roman. Lauter versprengte Russen, die sich eklige und grausame Geschichten erzählen und dabei die Tristesse ihrer Wirklichkeit gegen das Idealbild setzen, das sie nach Hause vermitteln. Kein heiterer Stoff, den de Moor da abhandelt.

Die Figuren wirken sehr fremd. „Ich habe damit einen Strich unter mein russisches Leben gezogen“, sagt die Autorin „Es gibt in diesem Buch sehr viel Wirklichkeit. Es ist immer noch voller Klischees, denn das ist die Wirklichkeit.“

De Moor hat Namen und Schauplätze verändert, damit sich keiner ihrer Bekannten wiedererkennt. Einen hielt sie für tot, bis er ihr leibhaftig wiederbegegnete: „Es ist eine schreckliche Erfahrung, wenn dir ein Totgeglaubter in den Weg spaziert“, sagt sie.

In Marente de Moors Beschreibungen wird klar, dass sie auch Journalistin mit analysierendem Blick ist. Und dass sie für dieses Buch eine Sprache gewählt hat, die dichter am Russischen ist als am Niederländischen. Es wirke wie übersetzt, hat ihre Lektorin diese Aneignung beschrieben.

Einen anderen Stil hat ihr neues Buch, das in den Niederlanden schon erschienen ist. Im September kommt es unter dem Titel „Die niederländische Jungfrau“ nach Deutschland.

Marente de Moor las auch aus diesem Manuskript und entführte ihre Zuhörer damit in ein Landhaus im Grenzgebiet im Jahr 1936. „Ich wollte eigentlich nur einen Roman schreiben“, sagt sie, hat aber nun einen historischen Stoff in einem ganz anderen Ton aufgegriffen. Ein interessanter Auftakt für die „Grenzgänger“ in Krefeld.

Nächste Lesung: Christoph Peters liest am 28. Juli, 20 Uhr, in der Mediothek aus seinem neuen Roman „Sven Hofestedt sucht Geld für Erleuchtung“, erschienen bei Luchterhand.