Lyrische Miniaturen als Rätsel
Russischer Pianist spielt Werke von Chopin und Ravel beim Kawai-Konzert im Campus 44.
Krefeld. Raffinierte Einfachheit, Nuancenreichtum und süße Abgründe - das sind Begriffe, die bei der Musik des romantischen Tonschöpfers Frédéric Chopin am häufigsten genannt werden. Am Freitagabend näherte sich im Campus 44 Ilya Rashkovsky mit Demut dem virtuosen Schaffen des Komponisten.
Im ersten Programmteil seines Solokonzertes hatte der junge Russe gleich vier anspruchsvolle Stücke ausgewählt. Gleichmäßig gefühlvoll entfaltete Rashkovsky am Flügel zunächst die Melodielinie bei der mit "Andante spianato" umschriebenen Polonaise und fügte effektvoll die Akkordbrechungen zu einem harmonischen Ganzen.
Mit einem Wechselspiel an Emotionen jonglierte Ilya Rashkovsky im Anschluss bei den beiden Scherzi. Während er sich durch das Scherzo cis-Moll in seiner fulminanten Architektur wühlte, servierte er das vierte Scherzo in moderater Dynamik.
Fantasievoll ließ er seine Interpretation der Polonaise-Fantasie folgen, zeigte Empfindungsreichtum und schuf vor allem große, dynamische Gegensätze, wodurch das Werk den Charakter eines kleinen musikalischen Dramas erhielt.
Im zweiten Teil, der sich Maurice Ravel widmete, gestaltete der 1984 im sibirischen Irkutsk geborene Pianist behutsam ein Kaleidoskop eigenartiger Walzermelodien. Denn bei den "Valses nobles et sentimentales" überlagern sich die Akkorde zu matt schimmernden Klangfarben. Impressionistischer kann Musik wohl nicht klingen.
Spätestens hierbei entwickelte Rashkovsky sein Spiel zu einer Rätselaufgabe, die es zu entschlüsseln galt. Mal vibrierend, mal eine beklemmende Stimmung erzeugend, meisterte er die fehlende emotionale Tiefe im "Gaspard de la nuit" mit technischem Geschick - und selbst das langsame Verdämmern der Noten gelang bravourös.