Magazin-Schätze: Eine Reise wie eine Odyssee

Im Magazin des Museums steht eine Replik des Xantener Knaben. Das Original hat einen langen Weg zurückgelegt.

Krefeld. In einer Villa am Rhein stand einst ein Knabe aus Bronze. In seinen Händen hielt er ein Tablett mit einer Weinschorle und Speisen für die Römer denen die Villa gehörte. Der Knabe wurde im zweiten Jahrhundert vor Christus aus Bronze gegossen - das haben neue Forschungen in Berlin ergeben. Irgendwie landete er dann im Rhein. Und man weiß bis heute nicht, ob er seiner Bestimmung als "Stummer Diener" folgen konnte oder ob er schon auf dem Transport zur römischen Stadt Colonia Ulpia Traiana in den Fluss stürzte.

Bei einem Niedrigwasser im Jahre 1858 fanden sechs Lachsfischer die Figur von etwa 1,50 Metern Höhe. Da war er dann schon 2000 Jahre alt. Ort des Geschehens: Lüttingen bei Xanten, wo eine der größten römischen Städte gelegen hatte.

Deswegen heisst diese Skulptur auch Lüttinger oder Xantener Knabe. Das Original, das die Fischer einst fanden, steht nun in Berlin im Neuen Museum im Bacchussaal. Er trägt einen Kranz aus Früchten und Blumen im gelockten Haar und begrüßte die Gäste im antiken Gastraum.

Des Knaben Weg in die Hauptstadt war weit. Zunächst gingen die Fischer mit ihrem Fund an der Bislicher Fähre an Land. Der Pächter versuchte, die Statue gegen drei Flaschen Schnaps einzutauschen. Das machte das Sextett mißtrauisch. Es brachte den Knaben auf die andere Rheinseite, nach Lüttigen. Schnell kamen sie auf die Idee, Eintrittspreise für die Besichtigung zu nehmen: Einmal gucken 10 Pfennig, unter den Lendenschurz gucken 20 Pfennig.

Düsseldorfer Amtsleute überführt den Knaben an das Kreisgericht Wesel und nach acht Monaten wurde er in das Berliner Museum gebracht. Der Taxwert wurde auf 8000 Taler festgesetzt. Da der Knabe im Rhein, also auf Staatsgebiet gefunden ward, stand den Fischern die Hälfte als Finderlohn zu.

Zur Eröffnung eines weiteren Teils des Museums im Archäologischen Park durfte er sogar noch mal für eine zeitlang zurück an den Rhein.

In Krefeld, im Magazin des Museums Burg Linn gibt es eine Replik dieser schönen Arbeit. "Die Haare sind beim Original aufwendiger", sagt Museumschef Christoph Reichmann. Aber trotzdem vermittelt diese Statue einen Eindruck von der Lebensart der Antike, die einst auch am Rhein blühte.

Kopien wichtiger Kunstwerke wurden im 19. Jahrhundert hoch gehandelt. "Man wollte die Dinge sehen können", erklärt Reichmann. Es war Teil der Bildung, typische Köpfe, Gefäße oder Geräte aus bestimmen Epochen als Replik oder Kopie den Museumsbesuchern zu präsentieren.

Auch beim Lauersforter Silberschatz handelt es sich um eine Replik eines Fundes aus der Gegend.