Premiere im Theater Hintenlinks: Was vom Künstlerleben bleibt

Ein melancholischer Abend über die Kabarett-Königin Claire Waldoff.

Krefeld. Lola Blau, Liesl Karlstadt und jetzt Claire Waldoff. Es sind weibliche Lebensgeschichten aus der Theaterwelt, die Peter Gutowski als Bühnenstoff für sein Theater Hintenlinks reizen. Dass es dabei nicht vorrangig um kurzweilige Unterhaltung geht, dürfte auch bei der jetzigen Uraufführung „Kopf mit flammendrotem Haar oder die Königin vom Kurfürstendamm“ sicher sein.

Für sein Stück hat sich Autor Gutowski, der auch wieder die Regie übernommen hat, für eine Geschichte aus der Rückschau entschieden. Kurz vor ihrem Tod erinnert sich die alte Claire Waldoff (1884-1957) an ihr Leben, vom mühsamen Aufstieg in der deutschen Provinz bis hin zur Unterhaltungskönigin im Berlin der 1920er Jahre.

Für die Darstellung der alten Diva wagt der Regisseur einen Kunstgriff, der stutzig macht, dann aber doch funktioniert. Es ist eine eindrucksvolle lebensgroße Puppe, der Anuschka Gutowski ihre Stimme leiht. Als Conferencier schlüpft sie zugleich in die Rolle eines Puppenspielers, der Claire zum Leben erweckt.

Was von einem einst glanzvollen Künstlerleben bleibt sind vor allem Erinnerungen. Damit ist der melancholische Grundton geschaffen, der das Stück durchgehend kennzeichnet. Abwechslung bringen die frechen Lieder der Waldoff, vom schwungvollen „Es gibt nur ein Berlin“ bis zum urkomischen „Hermann heeßt er “.

Anuschka Gutowski schlüpft dafür immer wieder in die Figur der jungen Claire und interpretiert die zeitlosen Lieder mit der richtigen Mischung aus Witz und Schärfe. Ihre Wandlungsfähigkeit stellt die Schauspielerin im Lauf des Abends mit weiteren Rollenwechseln unter Beweis. Mit unzähligen Zigaretten und Schreibmaschine gibt sie Kurt Tucholsky, der Claires Gesangstechnik als „unmöglich aber unerreichbar“ beschrieben hat, als Heinrich Zille reflektiert sie an Claires Bett über den Tod.

Zille, der legendäre Maler des Berliner Milieus, ist eine zentrale Figur des Stücks. Alte Filmaufnahmen zeigen ihn selbst, aber auch die kleinbürgerliche Welt, die er mit dem Zeichenstift so gekonnt geschildert hat. Mit diesen Originalaufnahmen, die das Leben in Berliner Hinterhöfen schildern, wird eine Gegenwelt zum Glanz der goldenen zwanziger Jahre gezeigt. Die Stadt mit dem Beinamen „Spree-Athen“ hatte zwischen zwei Weltkriegen auch ihre Schattenseiten.

Immer wieder blitzen diese Bilder auf und sorgen für viel Stimmung, zu der auch das großartige Akkordeonspiel von Ruslan Maximovski beiträgt. Gegen Ende, wenn Passagen aus „Hanneles Himmelfahrt“ von Gerhart Hauptmann einbezogen werden, gleitet das Ganze ein bisschen ins Sentimentale ab. Trotzdem ein sehenswerter Abend.

Weitere Termine: 16., 17., 18.Dezember. Karten unter Telefon 60 21 88.