Südbahnhof: Wo die Gewalt im Alltag anfängt
Im Südbahnhof untersuchen Künstler eine Woche lang das Thema Völkermord. Am Samstag präsentieren sie die Ergebnisse.
Krefeld. Die Auferstehung hat einen Pferdefuß. Maike Gräfs Holzplastik „Hell“ (Hölle) lässt daran keinen Zweifel. Auf Fuß und Knochenbein hockt ein Ei, und aus dem schlüpft in Kreuzigungshaltung ein Wesen mit menschlicher Anmutung, das einen durchaus fröhlichen Eindruck macht. Das wirklich Besondere an dieser surrealen Plastik ist jedoch, dass man gerade beobachten kann, wie sie entsteht. Im Rahmen des Forums Contemporary Art im Südbahnhof arbeitet Gräf als eine von zehn Künstlern und Künstlergruppen in einem offenen Atelier.
Manuel Schröder und sein Verein Raumordnung sind verantwortlich für das einwöchige „Raumlabor“. Zusammen mit dem Amerikaner Elliot Salloway hat Schroeder das Projekt ersonnen, letzterer ist aus Boston angereist. Das Thema des Forums lautet „Projekt Exodus“. Auf Nachfragen erläutert Schröder, dass man sich mit dem Verbrechen des Genozids, also des Völkermords, auseinandersetze.
Gräfs Zugriff ist eher allgemein, sie interessiert sich — wie auch in ihrem bisherigen Werk — für den Kreislauf von Tod und Leben. Konkreter nähern sich die Krefelder Sabine Kreuer und Peter Neumann dem furchtbaren Thema. Tänzerin Kreuer sagt: „Wir untersuchen, wo die Gewalt im Alltag anfängt.“ Sie entwickelt dazu Performances, die der Fotograf Neumann dokumentiert.
„Intoleranz, Hass, Ausgrenzung“, mit diesen Stichworten benennt Schröder die Wurzeln des Völkermords. „All das findet täglich statt und bedarf unserer dauernden Aufmerksamkeit, um dem Schlimmsten vorzubeugen.“ Die Künstler sollen dazu in Dialog treten, haben auch schon mit Schülergruppen vom Fichte-Gymnasium, der Gesamtschule Kaiserplatz und der Realschule Oppum gesprochen. Die Schüler wurden darüber hinaus zu eigenen künstlerischen Arbeiten in Form der Collage angeleitet.
Schröder hat das „Projekt Exodus“ auf vier Jahre angelegt. In halbjährlichem Abstand sollen Foren in ganz Europa stattfinden. Ein besonderer Clou der internationalen Aktion ist ab nächstem Jahr die Art der Fortbewegung. Mit einem ehemaligen Binnenfrachtschiff, das in Berlin vor Anker liegt, wollen Künstler rhein- und donauaufwärts mindestens bis nach Rumänien reisen.