Museum in Krefeld So war der Expertentag im Messingmuseum

Krefeld · Besucher konnte ihre Schätze aus Messing kostenlos begutachten lassen – ob Art-déco-Kanne, Altarleuchter oder eine „Becher-Vase“ aus der Zeit der Neuen Sachlichkeit.

Dieser Becher aus der Zeit der Neuen Sachlichkeit kann aufgrund der Bodenbeschwerung wohl auch als Vase benutzt worden sein.

Foto: Deutsches Messing Museum

In das neue Jahr startet das Deutsche-Messing-Museum mit einem besonderen Angebot. Die Idee – ein Tag, an dem zuvor angemeldete Besucher Gegenstände aus Messing kostenlos begutachten lassen können. So fand am Freitag der erste Expertentag statt, der jeweils in der Zukunft am zweiten Freitag eines Monats nach Anmeldung fortgeführt werden soll. Am Vormittag erschienen sieben Sammler und stolze Eigentümer mit ihren Schätzen aus Messing. Insgesamt konnten für 17 Objekte eine kunsthistorische Einschätzung durch die Museumsleitung abgegeben werden.

Ein Ehepaar aus Willich stellte ihre kleine Sammlung an Messingobjekten vor. Einige Teile davon, wie zum Beispiel das kleine Bügeleisen, der kleine Krug oder der dreibeinige Kerzenleuchter mussten leider in den Bereich der „Andenkenobjekte“ eingeordnet werden. Die beiden genodeten Tischleuchter waren aus verschiedenen Teilen zusammengeschraubt, in der Formensprache stringent und stellten durchaus wertvolle Sammlerstücke dar. Fasziniert war der Experte von dem auskragenden in Handarbeit hergestellten Becher, der eventuell als Vase benutzt wurde, weil der Fuß mit einer Bleifüllung beschwert war. Obwohl von moderner Anmutung, war leider keine Marke zu finden. Der Becher wurde in die Zeit der Neuen Sachlichkeit, also in die 1920/30er-Jahre eingeordnet und entsprach der Formensprache von Hayno Focken (1905-1968), dessen herausragende Arbeiten derzeit im Schaudepot des Museums gezeigt werden. Eine Zuschreibung für die Stövchenkanne, die eine andere Besucherin aus Krefeld mitbrachte, fiel den Experten schon leichter. Die WMF-Marke war am Boden der Kanne und am Boden des Brenners gut zu erkennen. Wie sich später herausstellte, war diese Kanne als Outline-Zeichnung in einem WMF-Vertriebskatalog für Frankreich aus dem Jahre 1926 abgebildet und wurde in die Übergangszeit vom Jugendstil zum Art déco eingeordnet, ca. 1915-1920, so die Experten des Museums. „Jetzt weiß ich wenigstens genau über diese schöne Kanne Bescheid und sehe sie mit anderen Augen“, so die Besucherin.

Eine genaue Datierung von
Messing-Objekten ist schwierig

„Messing ist eine Legierung von Kupfer und Zink, im Gegensatz zu Bronze, sie ist eine Legierung zwischen Kupfer und Zinn. Der Werkstoff Messing begleitet die Menschheit schon seit Tausenden von Jahren“, so Knud Schöber, Direktor und Kurator des Museums. Doch es ist gar nicht so einfach, Messingobjekte zu datieren oder ihre Provenienz eindeutig festzulegen. Denn im Gegensatz zu Silber oder Porzellan war man bei Objekten aus Messing mit den Marken sparsam. Mit ganz wenigen Ausnahmen, immer dann, wenn die Stadtregenten den Zünften Vorschriften zur Kennzeichnung der Herkunft gemacht haben. Bei einem hohen Exportanteil sollten Regressansprüche vermieden werden. Dies war zum Beispiel so in den Städten Nürnberg, Stolberg oder auch in Iserlohn.

Aus Messing wurde Hausrat und Gerätschaften für den Tisch gefertigt. Hausrat aus diesem Werkstoff war Ge- bzw. Verbrauchsgut. Es wurde nach Gebrauch, spätestens wenn es durchgeputzt war und nicht mehr repariert werden konnte, entsorgt. „Kurz nach der Industrialisierung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und dann zur Zeit des Historismus, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, mauserten sich die Hersteller zu Vertriebsunternehmen und versahen ihre Produkte mit der Firmenmarke“, schildert Schöber weiter. Und weiß: „Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und verstärkt im Jugendstil, pochten die Entwerfer darauf, auch ihr Monogramm auf den Messingobjekten sehen zu wollen, oder zumindest in den Werkskatalogen, die sich zu dieser Zeit verbreiteten, als Entwerfer genannt zu werden.“ Ab diesem Zeitpunkt ist es etwas leichter, Zuschreibungen mit „gutem Gewissen“, wie er sagt, treffen zu können, obwohl immer noch weit über die Hälfte aller Messingprodukte nicht gemarkt waren.

Dieser Altarleuchter – gehalten von dem Besitzer und Museums-Direktor Knud Schöber – stammt wahrscheinlich aus der Zeit um 1850.

Foto: Deutsches Messing Museum

Ein Altarleuchter, wahrscheinlich aus der Zeit um 1850 wurde von einem Herrn ebenfalls aus Krefeld zur Begutachtung mitgebracht. Die Experten stellten schnell fest, dass dieser Leuchter aus dünnem Messingblechplatten, die mehrteilig geprägt und dann zusammengelötet wurden, bzw. mit Pfalzen verbunden worden sind, hergestellt wurde. Die Frage, ob der Leuchter ein Einzelstück sei, konnte leider nicht beantwortet werden. Hierzu wäre eine ausführliche Erforschung von Herstellung, Provenienz und Verbreitung notwendig. Festgestellt werden konnte aber, dass die Prägung auf der Basis von Holzmodellen erfolgt ist. Was den Schluss zulässt, dass eine größere Anzahl dieser Leuchter gefertigt wurde.

Eine kunsthistorische Einschätzung konnte bei zwei aus China stammenden Objekten, einem urnenförmigen Behälter mit aufgewölbtem Deckel und einem drachenähnlichen Fabelwesen nicht abgegeben werden. Der Direktor des Museums dazu: „Der Schwerpunkt unserer Sammlung und damit auch unserer Expertise, liegt auf Messingobjekten aus den westlichen Ländern und Regionen, die für Hausrat und Tischgeschirr entworfen und gefertigt wurden. Leider haben wir keine Expertise über oder von fernöstlichen Messingobjekten.“

Die Besucher verweilten mehrere Stunden im Messingmuseum, denn endlich konnten sie etwas mehr über die mitgebrachten Messinggerätschaften erfahren. Grund genug für das Messingmuseum den zweiten Expertentag nach Voranmeldung am Freitag, 14. Februar, zu wiederholen. Schöber resümiert: „Es war ein schönes Gefühl, den Besuchern Informationen zu geben, die deren Wertschätzung gegenüber ihren Messingobjekten deutlich erhöht hat. Dies ist ja auch eine unserer Intentionen“. Red