Geschichte Mit dem Kritzelblock durchs Museum

Köln · Alexander Schnütgen war Theologe, Priester und Kunsthistoriker - aber vor allem war der Kölner ein so eifriger wie auch kundiger Sammler. Das erfahren die Besucher im nach ihm benannten Museum im Kulturquartier direkt am Eingang.

Blick in den Kirchenraum des Museums mit der Triumphkreuzgruppe im Hintergrund.

Foto: step/Eppinger

Dort bekommen diese einen Einblick in seine Welt. So fällt der Blick direkt in die gut mit Objekten gefüllte Wohnstube und in sein Schlafzimmer, in dem liturgische Gewänder an den Wänden hängen.

„Die Sammlung Schnütgen ist eine sehr reiche und qualitativ sehr hochwertige Sammlung. Alexander Schnütgen hat museal und systematisch gesammelt und dabei sein schon eigenes Museum im Blick gehabt. Herausgegeben hat Schnütgen zudem seine eigene Zeitschrift für christliche Kunst“, berichtet Museumsdirektor Moritz Woelk. Die Besucherinnen und Besucher sind direkt nach dem Eingang eingeladen, es sich auf den beiden Sesseln bequem zu machen und sich durch die bereit liegenden neueren und älteren Kataloge zu schmökern - dann haben sie quasi im Wohnzimmer Schnütgens Platz genommen.

Ein Besuch im Wohnzimmer
von Alexander Schnütgen

Der wohnliche Einstieg ins Museum Schnütgen ist Teil der neu konzipierten Sammlungspräsentation des Hauses, die an diesem Wochenende der Öffentlichkeit bei freiem Eintritt präsentiert wird. Zu sehen gibt es im ersten Raum auch ein kleines Altärchen, das Schnütgen aus dem eingeschmolzenen Schmuck seiner Mutter für sich herstellen ließ.

„Mit dem neuen Konzept wollen wir unser Museum mit einer klareren Struktur besser zugänglich machen. Es soll ein Haus zum Wohlfühlen sein und der Besuch soll zum Erlebnis werden“, erklärt Moritz Woelk. Dazu zählen die neuen Texte, die sich bei allen 700 Objekten der Sammlung finden. In Deutsch und Englisch wird zum Beispiel erläutert, woher die Objekte kommen, aus welchen Materialien sie bestehen und welche Funktion sie ursprünglich hatten.

Per QR-Code sind die Erklärungen auch in leichter Sprache sowie auch in Türkisch und Ukrainisch abrufbar. Außerdem ist es so auch möglich, Bilder heranzuzoomen, um Details besser erkennen zu können. Im ehemaligen Direktorenzimmer wurde zudem ein Filmraum eingerichtet, in dem auch einzelne Objekte zu Wort kommen.

Jeder der 14 Themenbereiche im Museum hat auch noch zusätzlich seinen eigenen großen Saaltext bekommen. Das gilt für die Bauskulptur genauso wie für die Glasmalerei oder die Kunstwerke für den Gottesdienst. Dafür wurden auch Exponate umgestellt oder extra aus dem Depot ins Museum geholt. Zu sehen gibt es auch die eine oder andere Neuerwerbung. Aktualisiert wird zudem der 360-Grad-Rundgang im Internet, der einen virtuellen Besuch des Museums ermöglicht.

Direkt im Eingangsbereich findet sich ein Grundriss des Museums, der Besuchern die Orientierung bei einem Rundgang erleichtern soll. Dazu dienen auch die kleinen Heftchen im Regal, die individuelle Rundgänge durch die Sammlung anbieten. Sie richten sich an Einsteiger genauso wie an Materialbegeisterte, die mehr über die Herstellung der Exponate erfahren möchten. Dazu kommt ein Führer für Detailverliebte sowie für kreative Köpfe. Für die jungen Gäste liegen Stifte und ein Kritzelblock bereit.

Neuerwerbungen und Rückkehrer aus dem Museumsdepot

Breiter geworden ist der zweite Raum im Museum, der sich der Bauskulptur widmet. „Hier haben wir eine Stellwand herausgenommen und so 80 Zentimeter Platz gewonnen. Die Steinreliefs an der Wand können jetzt vom Betrachter ganz anders wahrgenommen werden“, berichtet Moritz Woelk. Zu den hinzugekommenen Objekten zählt hier zum Beispiel eine Konsole mit einem Atlanten, die zu einem Weihwasserbecken umgearbeitet wurde. „So erkennt man, wie antikes Steinmaterial im Mittelalter wiederverwertet wurde.“

Zahlreiche neu aus dem Depot geholten Objekte finden sich im abgedunkelten Raum mit den mittelalterlichen Textilien. Dazu gehört eine Kasel mit Chrysanthemen aus dem 17. Jahrhundert. Sie besteht aus einem wertvollen japanischen Seidenstoff, der nach Europa importiert wurde. Ergänzt wird das Exponat durch eine passende Stola und durch eine Dalmatik mit einem asiatisch anmutenden, aber in Europa hergestellten Stoff. Wiederzusehen ist zudem der prächtige Grabteppich der Grafen von Neuenahr aus dem 15. Jahrhundert.

Zu den markantesten Veränderungen im Kirchenraum zählt die prominent über den Heiligen Drei Königen an der Wand angebrachte Triumphkreuzgruppe aus dem 13. Jahrhundert. „Dafür haben wir hier lange nach einem geeigneten Platz gesucht. Jetzt kann sie ihre ganze skulpturale Wucht entfalten“, freut sich Woelk.

Zu den Neuerwerbungen der vergangenen Jahre gehört eine englische „Johannesschüssel“ aus Alabaster, die den Kopf des Märtyrers eher ungewöhnlich mit zwei Engeln zeigt. In der Sammlung Schnütgens finden sich acht weitere solche Skulpturen. Ein Hingucker ist außerdem ein Element eines Chorgestühls, bei dem ein Narr als Pilger eine Weltkugel vor sich her rollt. Neu erworben wurden zudem Fragmente von Glasmalereien aus der Sainte-Chapelle aus Dijon.

Ein Besuch ist auch die Krypta wert, wo sich wertvolle Handschriften und Bücher der frühen Druckkunst finden. Gezeigt wird in einer Vitrine, wie Bücher mit einem Ledereinband ihre Prägung erhalten oder wie eine Monografie über Zitrusbäume kunstvoll bemalt wurde. Dazu kommen Schätze wie das karolingische Evangeliar oder die Pariser Taschenbibel.

Eröffnungswochenende Heute und morgen ist das Museum Schnütgen bei freiem Eintritt besuchbar. Es gibt vor Ort ein umfangreiches Führungsprogramm. So präsentiert Museumsdirektor Moritz Woelk heute um 16.30 Uhr und morgen um 15.30 Uhr bei einem Rundgang ausgewählte Neuerwerbungen seines Hauses. Geplant ist am 6. Februar von 17 bis 22 Uhr außerdem eine Brettspielnacht bei freiem Eintritt im Museum.