Kunst Zwischen Nackenstarre und Kunstgenuss

Köln · Wer kennt es nicht, wenn bei einem Besuch einer Sonderausstellung im Museum oder bei einer Vernissage in einer Galerie der Nebenmann sein umfangreiches Wissen zu den Werten seiner Umgebung gänzlich ungefragt vermittelt.

Die Wallraf-Sonderausstellung „Daumiers Menschen im Museum“ zeigt bis zum 23. März insgesamt 26 Lithografien des Künstlers Honoré Daumier.

Foto: Stephan Eppinger

Ehrfürchtig hört man zu, und fragt sich dann doch, ob man dem richtigen Kunstkenner gerade folgt, der mit aufgesetzt kritischer Mine die vor ihm hängende Kunst beäugt.

Dabei ist das kein Phänomen der Jetztzeit - schon immer hatte der Kunstgenuss in den Museen seine ganz eigenen Gesetze. Dabei ist es gar nicht so selbstverständlich, dass Kunst einer breiten Masse auch zugänglich ist. So waren die frühen Kunst- und Wunderkammern einem kleinen elitären Kreis meist an den Höfen der Fürsten vorbehalten.

Das änderte sich erst grundlegend nach der Französischen Revolution. Danach wurden in Paris die Salons zu beliebten Schauplätzen für Kunstliebhaber und Kritiker. Menschen aus fast allen Schichten versammelten sich und begegneten der Kunst in ganz unterschiedlicher Art und Weise. So wurde der Salon zum Dreh- und Angelpunkt des französischen Kunstlebens. Sie dienten aber auch dem Amüsement und dem eigenen Prestigebedürfnis.

Ein Künstler, der das Geschehen in den Pariser Salons und Weltausstellungen genau beobachtete und in seinen Karikaturen festhielt, war Honoré Daumier. Ob Plaudergespräche, kurzweiliges Vorbeispazieren an den Exponaten, irritierte Blicke, spöttische Gesten oder auch die Flucht ins Museumscafé - der französische Maler und Lithograf zeigt schonungslos die unterschiedlichen Rezeptionsweisen von Kunst.

Insgesamt 26 der Lithografien zu diesem Thema zeigt bis zum 23. März die Sonderausstellung „Zwischen Nackenstarre und Kunstgenuss: Daumiers Menschen im Museum“ im Wallraf. Die Werke stammen aus der Privatsammlung Prochnow-Seiffert und verstehen sich als Ergänzung der großen Sonderausstellung „Museum der Museen“. Beim Rundgang wird der Betrachter schnell feststellen, dass der Blick auf die gezeigten Typen der Besucher und Kritiker durchaus zeitlos ist und dass die Schau ihren Gästen so auch den Spiegel vorhält.

Bekannt wurde Honoré Daumier vor allem für seine sozialkritischen und politischen Karikaturen, die für ihn durchaus auch Folgen hatten. So brachte ihn eine berühmte Karikatur des Bürgerkönigs Louis-Philippe I., die den Herrscher als unersättlichen Riesen darstellt, 1832 für ein halbes Jahr ins Gefängnis.

Seine Laufbahn als Künstler hat Daumier schon mit 14 Jahren begonnen. Die Kunst erschließt er sich vornehmlich als Autodidakt. Als kritischer Betrachter seiner Zeit hält er die gesellschaftlichen Veränderungen und politischen Umbrüche mit satirischer Feder fest.

Weniger bekannt sind die jetzt gezeigten Arbeiten, bei denen sich Daumier der Kunst und ihrem Publikum widmet. Dazu gehören ganze Serien wie „Le Public du Salon“. Veröffentlicht wurden Daumiers Karikaturen in Satirezeitschriften wie „La Caricature“ oder auch in Tageszeitungen wie „Le Charivari“, die dem Katalog zur Ausstellung als Vorbild diente.

Service: Sonderausstellung „Daumiers Menschen im Museum“ bis zum 23. März im Wallraf-Richartz-Museum, Obermarspforten. Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr; Eintritt: 11, ermäßigt 8 Euro.