Interview Die Nächte an der Schreibmaschine

Köln · Romy Hausmann ist ein Multitalent: Mit ihrem Debütroman „Liebes Kind“ gelingt ihr auf Anhieb ein Bestseller, der im Anschluss auch noch erfolgreich verfilmt wird. Später widmet sich die Thrillerautorin mit dem Kölner Kriminalbiologen Mark Benecke ihrem True-Crime-Projekt.

Romy Hausmann hat ihre erste Gedichtsammlung als Buch und als CD veröffentlicht.

Foto: Fotografin/Astrid Eckert

Dann entdeckt Hausmann auf einem Flohmarkt eine alte Schreibmaschine des Typs „Princess Standard“ aus den 60er Jahren und tippt Nächte lang Gedichte auf Papier. Damit überrascht sie schließlich den Kölner Musiker Martin Bechler, der die Gedichtsammlung mit seiner Band Fortuna Ehrenfeld vertont. Der nach der Schreibmaschine benannte Gedichtband (Penguin Verlag, 22 Euro) erscheint schließlich gemeinsam mit der CD. Bei einer Tour, die die Band und die Autorin im kommenden Jahr wohl auch nach Köln führen wird, werden die neuen Songs live performt. Wir haben mit der Autorin vorab gesprochen.

Sie sind mit Ihren Thrillern als Autorin sehr erfolgreich. Wie kam es jetzt zu der auf einer alten Schreibmaschine getippten Gedichtsammlung “Princess Standard”?

Romy Hausmann: Ich hatte nach den Thrillern ein True-Crime-Projekt mit einem Buch und einem Podcast mit Mark Benecke umgesetzt, bei dem ich echte Kriminalfälle aufgearbeitet habe. Dabei habe ich auch sehr eng mit Betroffenen wie Opfern oder Angehörigen zusammengearbeitet. Das hat etwas mit mir gemacht, denn anders als in meinen erdachten Thrillern ist hier das Ende festgelegt und kann nicht mehr in etwas Positives gewendet werden. Danach hatte ich Probleme, mit dem Schreiben einfach so weiterzumachen, da ich mit nichts mehr zufrieden war. In dieser Menschseinskrise habe ich auf einem Flohmarkt eine „Princess-Standard“-Schreibmaschine aus den 60er Jahren entdeckt. Die Arbeit darauf hat mich sofort fasziniert. Alles, was man auf dieser Maschine schreibt, hat, anders als beim Laptop, wo man ständig alles löschen kann, Bestand. Man lässt die Dinge wie bei True Crime einfach, wie sie sind, nur, dass das Ganze eine viel positivere Konnotation hat. Gedichte habe ich geschrieben, weil es mir in dem Moment nicht möglich war, die Langform über 300 oder 400 Seiten zu wählen. Dazu kam die Sprache Englisch, die ich zwar gut beherrsche, wo ich aber nicht unendlich zwischen verschiedenen Synonymen wählen kann. Da wird das geschrieben, was man gerade im Kopf hat.

Wie kam die Hinwendung vom fiktiven Thriller zum True-Crime-Projekt?

Hausmann: Bei einem Triller wie „Liebes Kind“ denke ich mir alles, was im Buch geschieht, selbst aus und versetze mich dabei auch in meine Opfer und deren Angehörigen, um aus deren Sicht das Geschehen schildern zu können. Ich habe mich irgendwann gefragt, wie so ein Thriller auf einen Menschen wirkt, der selbst Opfer eines Verbrechens geworden ist. Denn eigentlich habe ich als Autorin ja keine Ahnung, was da wirklich passiert. Das wollte ich mit meinem Projekt ändern und alles überprüfen, was ich bislang gemacht habe. So bin ich meinem eigenen Schatten auf die Spur gekommen und war einen wichtigen Schritt näher an der Realität.

Wie haben Sie die Themen für Ihre Gedichte gefunden?

Hausmann: Eigentlich ist alles aus mir herausgeflossen, da gab es keine bewussten Überlegungen. Ich hatte anfangs auch noch nicht an eine Veröffentlichung der Gedichte gedacht. Alles, was sich dort findet, sind meine Gedanken, Gefühle und Erlebnisse, die ich in diesem Moment an der Schreibmaschine verarbeitet habe. Alles ist im und für den Moment geschrieben. Deshalb habe ich die ziemlich schwere Maschine auch überall mitgeschleppt.

Und später wurden diese Gedichte vom Kölner Musiker Martin Bechler vertont.

Hausmann: Martin kannte ich vorher nur flüchtig. Ich mochte die Musik von Fortuna Ehrenfeld und war auch im Internet Follower der Band. Bei einer Lesung in Stuttgart habe ich Martin dann erstmals auch persönlich kennengelernt. Im Gespräch habe ich viele Gemeinsamkeiten erkannt, die uns verbinden. Genauso wie ich als Schriftstellerin ist auch er als Musiker sehr eigen und will so bleiben, wie er ist. Die Idee zum Vertonen kam, weil ich alle Gedichte auf Englisch geschrieben hatte. Meine Bücher sind inzwischen in 30 Ländern veröffentlicht worden und so können all diese Menschen die neuen Texte verstehen. Nur wer kein Englisch kann, hat Probleme und die wollte ich mit der Musik lösen, indem ich damit die Gedichte auf einer anderen Ebene fühlbar mache.

Wie hat Martin Bechler darauf reagiert?

Hausmann: Vom Projekt habe ich ihm bei einem gemeinsamen Essen berichtet. Zunächst war er etwas erschreckt und war nicht unbedingt begeistert, als ich ihm gesagt haben, dass er diese als Musiker vertonen soll. Aber ich habe ihn überredet, den Stapel Papier, aus dem mein Manuskript bestand, durchzuschauen, und letztlich hat er zugesagt.

Wie ist das Ganze dann praktisch abgelaufen?

Hausmann: Ich habe Martin selbst die Möglichkeit gegeben, die Texte auszuwählen, die er vertonen möchte. Danach sind wir ins Studio gegangen, wo ich die Texte eingesprochen habe. Teilweise hat er dabei auch spontan Klavier gespielt. Später hat Martin in Köln daraus die fertigen Stücke produziert. Ich fand es total abgefahren, diese zu hören. Es ist spannend, wie er aus dem gesprochenen Wort einen Popsong geschaffen hat.

Wie bringen Sie diese jetzt bei der Tour mit Fortuna Ehrenfeld auf der Bühne?

Hausmann: Sie kommen so, wie man sie auf der Platte hört, auf die Bühne. Ich spreche die Gedichte und Fortuna Ehrenfeld ist als Band komplett dabei. Wir werden wohl auch alle 17 Stücke live performen.

Welche Beziehung habe Sie zu Köln?

Hausmann: Ich war schon häufig bei Lesungen in der Stadt, die ich sehr gerne mag und in der ich mich auch sehr wohlfühle. Ich finde Köln spannender als Städte wie München oder Berlin und mag zum Beispiel die Büdchenkultur sehr gerne. Auf der Tour ist im kommenden Jahr auch ein Auftritt in Köln geplant, die Einzelheiten dazu stehen aber noch nicht fest.