Tanz: Das Privatleben verschwindet
Die Choreografin Ilona Pászthy lässt jeden Schritt ihrer Tänzer beobachten.
Krefeld. Die Kölner Choreographin Ilona Pászthy beschäftigt sich in einer Trilogie mit der zeitgenössischen Kommunikation. Nach „I see U no. 1“ im vergangenen Jahr konnte man jetzt in der Fabrik Heeder „I see U no. 2“ sehen. War im ersten Teil die körperlose Kommunikation via Internet das Thema, so illustriert der zweite Teil das Verschwinden des Privaten in der Medienwelt.
Zwei große Projektionsflächen dominieren den Bühnenraum. Was der Zuschauer zu sehen bekommt, sind zunächst nur Bilder, live aufgenommen von Videokameras auf der Stirn der Akteure.
Paula Scherf und Olaf Reinecke sind im Hauptbahnhof, fahren dann mit dem Auto in die Fabrik Heeder. Dort ziehen sie sich in einer Toilette um und landen in der „Kulisse“. Marcelo Omine, der dritte Akteur, hält sich in der Garderobe im Foyer auf.
Omine landet als erster im Bühnenraum, später folgen Scherf und Reinecke. Ihre Aktionen doppeln sich auf den Leinwänden, als Zuschauer kann man das als Ablenkung empfinden.
Der beste Moment der Performance: Scherf und Reincke ziehen sich unter die Plastikplane zurück, die als Bodenabdeckung dient. Zugleich übertragen aber ihre Kameras das Innenbild der intimen Situation. So können die beiden dem Blick der Zuschauer nicht entkommen, das Private geht im Öffentlichen unter.
Ansonsten gibt es noch einen heftigen Pas de deux von Scherf und Reinecke zu sehen, bei dem er sie auf ihren Wunsch kräftig am Zopf zieht. Auch ein Hahnenkämpfchen der beiden Männer um die Frau kommt vor, bei der Besetzung des kleinen Ensembles anscheinend unvermeidlich.
Die Zuschauer sehen vorgeblich immer alles, auch wenn sich die Akteure nicht im Raum befinden. Die Omnipräsenz von Kameras im öffentlichen Raum, denen auch das Private nicht entgeht, soll so demonstriert werden.
Eigentlich geht es um die Frage, ob eine fast flächendeckende Videoüberwachung unter sicherheitspolitischem Deckmantel die Freiheit des Einzelnen einschränkt. In Pászthys Performance verliert diese Fragestellung aber ein wenig an Kontur, da es die Akteure selbst sind, die die Kameras tragen. Die im realen Leben andere per Bildschirm überwachen, tauchen in der Performance nicht auf — und so sieht man eben doch nicht alles.