Theater: In der Giftküche des dunklen Engels

15 Menschen hat Gesche Gottfried mit Arsen getötet. Nun kommt ihr Leben auf die Bühne.

Krefeld. Dass der „Engel von Bremen“ in Wahrheit der Teufel war, wollten die Nachbarn nicht wahrhaben. Aufopfernd hatte sich Gesche Gottfried um ihre kranken Eltern, den Ehemann und die eigenen Kinder gekümmert, tapfer hatte sie alle Schicksalsschläge ertragen. Dass sie ihre Lieben mit einer Mischung aus Fett und Arsen vergiftet hatte, kam erst nach Jahren ans Licht. „Da hatte der Schreiner schon 15 Särge gebaut“, sagt Peter Gutowski, Leiter des Theaters Hintenlinks.

Unter dem Titel „Mäusebutter — Episoden aus Gesches Giftküche“ inszeniert er die Lebensgeschichte der Serienmörderin als makabere musikalische Komödie. Premiere ist am 13. September. „Es gibt Bücher, Filme und Theaterstücke über Gesche Gottfried“, sagt Gutowski. „Aber niemand hat bislang versucht, mit Humor dran zu gehen.“

Gutowskis Hauptfiguren sind zwei Totengräber, gespielt von seiner Frau Anuschka und dem neuen Ensemblemitglied Caroline Leisau. Beide tragen falsche Bärte und dunkle Anzüge, die zu groß ausfallen. Auf dem Friedhof erwarten sie die Exhumierung der Mordopfer, und dabei erklingen Moritaten und Bänkellieder über geprügelte Gatten, skrupellose Quacksalber und die Launen des Schicksals. Gesangslehrerin Lilliana Schmidt achtet darauf, dass die Lieder schön gruselig und gemein klingen: „Es geht ja nicht darum, schön zu singen.“

Auch Gesche Gottfried wird auf der Bühne stehen. Bildhauer Radovan Matijek hat dafür eine lebensgroße Puppe mit bleichem Gesicht und ausdruckslosen Augen gebastelt, die schon ohne dämmriges Licht Schauder erzeugt. Gutowski wird die Giftmischerin im Verhörzimmer zeigen, wo Kriminalrat Droste sie zu ihren Taten und Motiven befragte. Bis heute ist unklar, was Gottfried zu den Morden trieb.

Die Sachlichkeit der Kriminalisten setzt der Regisseur in einen Kontrast zur Hysterie jenseits der Gefängnismauern. Die Wut der Bevölkerung verband sich damals mit einer morbiden Faszination. „Man hat Gesche Gottfried als Gruselgestalt regelrecht vermarktet — wie einen Freak auf der Kirmes“, sagt Gutowski. Er versteht sein Stück, an dem er noch Nacht für Nacht feilt, als „Sittengemälde der Zeit“. Die Frage, wie die Gesellschaft auf extreme Gewalt reagiert, hat das kleine Theater bereits mit „Der Kick“ eindrucksvoll gestellt.

Gleichwohl ist der Ansatz bei „Mäusebutter“ ein anderer: Mit leiser Melancholie und bösem Humor geben die Lieder, die Ruslan Maximovski am Akkordeon begleitet, bereits den Ton vor. „Man soll lachen und weinen“, sagt Peter Gutowski. „Am besten beides gleichzeitig.“