Videokünstler Nils Voges: Mitten im wuchernden Koloss
Der Krefelder Videokünstler Nils Voges hat wochenlang in Kamerun Theater gemacht. Nun ist er zurück — und hat Fernweh.
Krefeld. „In Yaoundé kann dir alles passieren. Die Stadt ist ein wild wuchernder Koloss.“ Der Krefelder Nils Voges hat die Hauptstadt Kameruns intensiv kennengelernt. Der Grafiker und Videokünstler war den ganzen August über in der zentralafrikanischen Metropole und hat dort ein Theaterprojekt begleitet, das nun nach Deutschland kommt.
„Diese Stadt ist bunt. Die Menschen sind immer in Bewegung.“ Dagegen sei Deutschland grau und langsam. Voges hat immer noch Fernweh, wenn er von Yaoundé erzählt. Man hat ihm dort im Straßengetümmel das Handy aus der Tasche gezogen, die ersten beiden Wochen haben die Kameruner ihre deutschen Gäste nicht alleine auf die Straße gelassen. Zu gefährlich, hieß es. Aber trotzdem sehnt sich Voges nach den Menschen und Farben Yaoundés zurück.
„Die Erde ist rot“, erzählt er. Die meisten Straßen sind nicht asphaltiert. An die 1,8 Millionen Menschen leben in der immer noch wachsenden Stadt, die in Kolonialzeiten von Deutschen gegründet wurde. Später war Kamerun französische Kolonie, Französisch ist die Amtssprache.
Die französische Prägung ist in der Kultur dominant. Theater spielen bedeutet, sich mit Moliére auseinanderzusetzen. Der Kameruner Regisseur Martin Ambara sucht mit seinem Othni Laboratoire de théâtre aber einen eigenen Weg. Auf der Suche nach Inspiration schaut er sich in anderen Kulturen um. So ist er auf Heiner Müllers „Hamletmaschine“ gestoßen.
Das Stück setzt sich mit der Rolle des Intellektuellen in der DDR auseinander. Dann hat er in Deutschland nach Experten für Heiner Müller gesucht und ist schließlich an die freie Theatergruppe Kainkollektiv aus Bochum gelangt. Damit war das Krefelder Designerteam Sputnic im Boot.
Die Sputnics, zu denen Voges gehört, haben schon öfter mit Kainkollektiv zusammengearbeitet. Voges entwickelt das Video fürs Stück, Malte Jehmlich, ein weiterer Sputnic, wird das Bühnenbild beisteuern. „Fin de Machine/Exit. Hamlet“ wird die Produktion heißen.
Müllers Text dient als Basis für eine Inszenierung zwischen Performance, Musiktheater und Installation. Sie nimmt zu Fragen des Fremd-Seins Stellung. Was es heißt, ein Fremder zu sein, haben Voges und seine Kollegen in Yaoundé selbst erlebt. „Als Weißer kann man da einfach nicht nicht auffallen“, sagt er. Trotzdem habe er sich „in die Stadt verliebt“. Die rote Erde, die gelben Taxis, armselige Wellblechhütten neben großzügigen Villen, das lebendige Straßenleben.
Neben der Theaterarbeit hat Voges mit dem Musiker Rasmus Nordholt noch einen dreitägigen Kurs an der Uni von Yaoundé gegeben. 15 Studenten haben unter Anleitung der Deutschen Kurzfilme gedreht. „Die haben freiwillig in ihren Ferien mitgemacht“, sagt Voges. „Aber dort geben sowieso fast alle immer mehr als 100 Prozent.“
Nach fast fünf Wochen Proben in Yaoundé wird das Ensemble aus vier Kamerunern, einem Franzosen und einer Kanadierin in diesem Monat im Mülheimer Ringlokschuppen eine zweite Probenphase durchlaufen. Dort feiert „Fin de Machine/Exit. Hamlet“ am 8. November auch Premiere.