Rio 2016 Ringen in Rio — Aline Focken reist mit viel Unterstützung zu Olympia

Nicht nur ihr Freund und die Eltern sind dabei — der KSV Germania schenkt ihr ein T-Shirt mit den Porträts der Vereinskollegen.

Foto: Andreas Bischof

Rio/Krefeld. Schwer beschäftigt und beliebt — das war Aline Focken schon in der sechsten Klasse. Sie war das einzige Mädchen, das im Sportunterricht mindestens so weit werfen konnte wie die Jungs, mit großer Klappe und ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn. Sie hatte Ehrgeiz, ein Sonnenscheinnaturell und ein ebenso ungewöhnliches wie zeitintensives Hobby: Ringen.

Wer die 25-Jährige beim Sommerfest ihres Vereins KSV Germania sieht, stellt fest: Aline Focken hat sich auf den ersten Blick nicht groß verändert. Immer noch schmal, aber trainiert, mit blondem Haar und blitzenden, blaugrünen Augen. Sie grüßt links und rechts, umarmt lachend einen nach dem anderen. Ihre Mutter und Tante backen Waffeln hinter einem mit Kalorienbergen beladenen Kuchentisch, aber Aline Focken kommt nicht dazu, ihren Mohrenkopfkuchen selbst dort abzustellen.

Zwischen diesen Menschen ist sie aufgewachsen, hier hat sie unter Anleitung von Vater Georg Focken geschwitzt, gekämpft, gelernt. Schon als Schülerin rang die Hülserin auf vielen Matten um Titel. Bei ihrem nächsten Kampf wird es eine olympische Matte sein. Am 17. August kämpft Aline Focken in Rio.

Ihre Chancen stehen nicht schlecht: Die siebenfache Deutsche Meisterin und Weltmeisterin von 2014 sammelt national und international Medaillen. Bis auf die Russin Natalja Witaljewna Worobjowa hat sie alle Olympiateilnehmerinnen ihrer Gewichtsklasse schon besiegt. In der russischen Ringerin sieht die Krefelder Athletin jedoch keine Angstgegnerin, sondern eine sportliche Herausforderung: „Ich freue mich darauf, gegen sie anzutreten.“

Bis zu ihrem Einzug ins olympische Dorf ist es keine Woche mehr, aber von Anspannung findet man in Aline Fockens Gesicht keine Spur. Sie schäkert mit dem sechs Wochen alten Baby einer Freundin und trägt ihr „Come on, Aline“-Shirt, das ihr der KSV Germania geschenkt hat. Die Köpfe aller Ringer lächeln von ihrer Brust, so dass sie in Rio doch nicht ganz auf „ihre Jungs“ verzichten muss.

Bis es soweit ist, steht aber auch bei einer Leistungssportlerin der ganz normale Wahnsinn an: „Ich muss dringend meine komplette Wäsche waschen, damit ich überhaupt erst packen kann. Von der Post ganz zu schweigen, wenn man wochenlang unterwegs ist, sammelt sich ganz schön was an.“ Gerade erst ist sie von ihrem vorerst letzten Training mit internationalen Gegnern aus Finnland zurückgekehrt.

Damit sich der Körper erholen kann, stehen bis zum Wettkampf wenige, aber dafür intensive Trainingseinheiten an. Normalerweise ist die Sporttherapeutin im Dauereinsatz, deswegen freut sie sich umso mehr auf die ungewohnten Alltagsfreuden: ausgiebig mit den Hunden spazieren gehen zum Beispiel und gemeinsam mit der Familie mittagessen.

Am Freitag wird Aline Focken zusammen mit Nina Hemmer, Luisa Niemesch und Maria Selmaier ins Flugzeug steigen. Für die vier Frauen des Nationalteams geht es dann nach Rio de Janeiro.

Dass sie die Eröffnungsfeierlichkeiten verpassen würden, war für das Team schon länger klar. Focken: „Wir wollen beim Wettbewerb voll fokussiert sein, sind aber verhältnismäßig spät an der Reihe. Aber wenn mein Kampf vorbei ist, bin ich beim Feiern garantiert die Lauteste.“

Da passt es gut, dass Aline Focken sich mit ihren Teamkolleginnen so gut versteht. „Wir sind auch privat eng befreundet. Für uns ist das super, wir beziehen zwei Doppelzimmer.“

Neben den anderen Ringerinnen und Bundestrainer Patrick Loes fliegen auch Aline Fockens Freund und die Eltern mit nach Rio. Mit ins olympische Dorf dürfen sie zwar nicht, aber die Ringerin ist froh über die moralische Unterstützung. Unabhängig vom Verlauf des Wettkampfes ist klar: Wenn alles vorbei ist, wollen alle gemeinsam Brasilien noch eine Woche als ganz normale Urlauber genießen.