Narkolepsie: Wenn der Körper plötzlich den Stecker zieht
Lisa Bauer leidet unter Schlafattacken. Ihre Diagnose bekam sie in der Klinik Königshof.
Krefeld. Wenn man eine Lampe dimmt, kommt die Dunkelheit langsam. Zieht man den Stecker, kommt sie schnell. Ähnlich ist es, wenn Lisa Bauer (Name geändert) einschläft. Auch sie kennt zwei Varianten, eine langsame und eine schnelle. Sie leidet an der Krankheit Narkolepsie.
Die junge Frau beschreibt die langsame Variante so: „Erst werden die Augen schwer, und irgendwann fallen sie dann zu. Das spüre ich aber immer kommen.“ Die schnelle Variante hingegen trifft sie vollkommen unvorbereitet: „Auf einmal wird alles schwarz, und dann bin ich weg.“
Diese plötzlichen Blackouts sind gefährlich, denn wenn Lisa Bauer dabei steht, fällt sie einfach um: „Ich habe mir so schon mehrere Gehirnerschütterungen zugezogen.“ Das langsame Wegdriften dagegen sei zumindest lästig, es passiere ihr nämlich auch in unpassenden Situationen, etwa in aller Öffentlichkeit: „Das ist dann natürlich total unangenehm.“
„Schlafattacke“ nennt sie es, wenn sie einschläft, ohne es zu wollen. Diese Schlafattacken sind typische Symptome von Narkolepsie. Dr. Adrian Mohr, ihr behandelnder Arzt und Leiter des Schlaflabors der Klinik Königshof, erklärt: „Typischerweise gibt es vier Symptome — Tagesschläfrigkeit, Kataplexien, Schlafparalyse und Halluzinationen.“
Bei der Tagesschläfrigkeit handele es sich um ständige Müdigkeit und eine generelle Einschlafneigung: „Und das führt dann zu den Schlafattacken.“
Die Kataplexien seien ein plötzlicher Kontrollverlust über die Muskulatur: „Die Patienten klappen dann zusammen und können sich nicht mehr bewegen, sind aber bei vollem Bewusstsein. Manchmal sind auch nur Teile der Muskulatur betroffen, etwa im Gesicht. Diese Lähmungen treten häufig in Verbindung mit starken Emotionen wie Freude oder Schrecken auf.“
Bei den Schlafparalysen handelt es sich laut Dr. Mohr ebenfalls um Lähmungen: „Die treten allerdings nur im Umfeld des Einschlafens und des Aufwachens auf. Meistens verschwinden sie, wenn man den Patienten berührt.“ Die Halluzinationen seien eigentlich Träume: „Nur, dass die Patienten dabei wach sind. Der Traum wird also vom Schlaf abgekoppelt.“
Lisa Bauer ist von Kataplexien und Schlafparalysen nicht betroffen — „zum Glück“, wie sie sagt. Halluzinationen hat sie schon, allerdings keine optischen, nur akustische: „Manchmal höre ich Stimmen, wenn ich einschlafe.“ Ihr größtes Problem sind aber die Tagesschläfrigkeit und die daraus resultierenden Schlafattacken.
Immerhin — es ist besser geworden. Seit letztem Jahr lässt sie ihre Narkolepsie behandeln. Endlich, wie sie selber sagt. Denn die ersten Symptome traten bei der 24-Jährigen schon vor acht Jahren auf, den ersten Verdacht auf Narkolepsie äußerten Ärzte vor fünf oder sechs Jahren: „Ich habe das ein bisschen verdrängt, dachte immer, das kann nicht sein.“
Aber mit der Diagnose im vergangenen April kamen dann auch die Medikamente — und die wirken recht gut: „Seit ich die nehme habe ich keine Blackouts mehr, bin also nicht mehr einfach umgeknallt.“ Das Wegdriften ist sie allerdings nicht losgeworden: „Aber es ist besser geworden. Ich hab’ jetzt mehr Energie dagegen anzukämpfen.“
Deshalb nimmt Lisa Bauer auch die Nebenwirkungen der Medikamente, vor allem die Magenschmerzen, klaglos hin: „Das ist ein guter Tausch.“ Auch die Tatsache, dass die Medikamente ihre Narkolepsie nur lindern können — die Krankheit gilt als unheilbar — lässt sie nicht resignieren: „So lange es nicht schlimmer wird, ist das voll okay.“