Adler werden zum Abschuss freigegeben
Hans-Joachim Knetsch schnitzt für die Fischelner Gesellschaft Holzvögel, mit denen der neue Schützenkönig ermittelt wird.
Krefeld-Fischeln. Aus Holz gefertigte Schmetterlinge an der Hauswand weisen den Weg zum Hobbybereich von Hans-Joachim Knetsch im Garten seines Hauses. Hier und da lugt eine Eule aus dem Gras oder eine Robbe um die Ecke, aber auch dieser zoologische Park ist aus Holz geschnitzt. "Mit elf Jahren habe ich damit angefangen. Mein Opa und mein Onkel waren Schreiner und haben mich mit diesem Hobby angesteckt."
Nicht nur im und um den Hobbyschuppen stehen die Werke des Holzliebhabers. Einen wichtigen, sogar unerlässlichen Platz haben seine Holzadler bei Schützenfesten: Sie dienen als Zielscheibe für die Anwärter zum Titel des Schützenkönigs.
Seit 1982 ist er Mitglied bei der Bürger-Schützen-Gesellschaft 1451 Fischeln. Am Samstag feiert der Verein im Rahmen der Herbstkirmes auf dem Marienplatz sein Schützenfest - und dort geht es den von Knetsch geschnitzten Vögeln an den Kragen. "Die Flügel und der Schwanz sind die Haupttrefferflächen, die so genannten Pfänder", erklärt der erfahrene Schütze. Wem es gelingt den Vogel zu "zerrupfen", sprich, bei wessen Schuss der Adler an diesen Stellen zerfällt, der erhält als Preisgeld zehn Liter Bier. "Aber das gelingt nicht so einfach, meine Vögel sind widerspenstig", sagt der 61-Jährige lachend. Beim Königschießen geht es auch darum, das Zepter abzuschießen, das Knetsch dem Vogel in die Hand gibt, wobei jeder Schütze nur einen Schuss hat.
Dass seine Adler kurz nach Fertigestellung wieder zerstört werden, tut ihm nicht weh. "Dafür werden sie ja gemacht und ich schieße ja selbst darauf", sagt er leichthin. Und dass, obwohl er 20 bis 30 Stunden für einen Holzadler braucht. Mit einer Mini-Stichsäge arbeitet er die aufwändigen Tiere aus Sperrholzplatten heraus. "Vor dem Schützenfest ist nach dem Schützenfest", sagt er und weist damit auf die Arbeit hin, die ihm bald wieder bevorsteht.
Zum zweiten Mal schnitzt er die Zielscheiben für seine Gesellschaft. Der Ruf seiner Holzadler eilt ihm voraus und so darf er in diesem Jahr auch den für das Stadtschützenfest im Stadtgarten Ende August anfertigen: Einen imposanten, 80 Zentimeter großen Vogel. Für das Adler-Motiv holt sich der Schnitzer Anregungen von Wappen verschiedener Schützenvereine.
"Mir ist die Idee gekommen, als ich als Kassenwart gesehen habe, dass wir pro Adler 150 Euro ausgegeben haben. Da dachte ich: Die kann ich auch selbst machen". Gesagt - getan. Die Schützen danken es ihm. Zwar bekommt er die Materialkosten, aber die Arbeitsstunden sind unbezahlbar. "Aber das ist Ehrensache für mich und ich mache es ja auch gerne", gibt er zu.
Einer der Adler, den er selbst einmal geschossen hat, hängt heute noch als Andenken in Knetschs Gartenlaube. Vielleicht doch ein wenig Bedauern? "Nein", sagt der Schnitzer deutlich.
Aber einige seiner Holzadler bekommen in Zukunft doch noch eine Überlebenschance. "Ich wurde gefragt, ob ich sechs als Zeltdeko herstellen könnte. Die ersten habe ich auch schon fertiggestellt mit Anker und Fischen als Symbole für unseren Verein. Die werden dann jedes Mal bei Schützenfesten wieder aufgehängt", erklärt Knetsch und kann sich ein freudiges Lächeln nicht verkneifen. Dann überleben seine Adler ja doch.