Eine Fahne fürs Museum
Das gute Stück der Turnerschaft hat 131 Jahre hinter sich. Sie wurde auf einem Dachboden entdeckt.
Krefeld. „Vorsicht! Ganz vorsichtig! Sie ist sehr brüchig.“ Walter Goebel, der Ehrenvorsitzende der Turnerschaft 1872 Krefeld, ist in großer Sorge um das historische Stück, das zusammengefaltet in einem Pappkarton liegt. Gemeinsam mit Hannelore Brockmann, der ersten Vorsitzenden der Turnerschaft, und der Schatzmeisterin des Vereins, Monika Brouwers, gibt er die Jugend-Vereinsfahne aus dem Jahr 1882 in die Obhut des Museums Burg Linn.
„Damals kam die Jugend stark in den Verein, denn da wurde ihnen etwas geboten“, erklärt der Senior. „Dann wollte die Jugend natürlich auch eine Fahne haben. Fahnen waren damals etwas Tragendes.“
Der Handwerker- und Bildungsverein, aus dem die Turnerschaft hervorgegangen war, kam dem Wunsch der jungen Leute nach und spendierte eine Fahne.
Die Ehefrau des damaligen Vorsitzenden Gustav Andriessen machte sich im wahrsten Sinne des Wortes eigenhändig ans Werk, die 80 mal 80 Zentimeter große Fahne zu besticken.
Für die eine Seite des Baumwoll- oder Leinenstoffs als „Grundlage“ der Fahne stickte sie auf einem dünnen Seidenstoff einen Kranz aus Eichenlaub mit Eicheln. Dieses flächenfüllende Motiv in Platt- und Stielstich umgibt die vier „F“ für frisch, fromm, fröhlich, frei in der Mitte.
Mit dem Sieger- oder Lorbeerkranz gestaltete die Ehefrau von Andriessen streng geometrisch die eine Seite. Für die zweite Seite der Fahne wählte sie einen roten Stickuntergrund. In goldenen Buchstaben entstand hier die Visitenkarte der „Jugendabteilung . . . Crefelder Handw. X Bild. Vereins“.
Um die 131 Jahre alte Fahne steht es wahrlich nicht gut. Doch die größte Gefahr hat die Fahne gerade erst hinter sich gebracht. Sie wurde auf dem Dachboden eines Vereinsmitglieds gefunden. „Wäre sie in dem Privathaushalt geblieben, wäre sie eines Tages auf dem Müll gelandet“, ist sich Goebel sicher.
Nun wird sie im Textilmuseum fachgerecht in einem säurefreien großen Karton verpackt und kommt dann mit einer Inventarnummer versehen ins Archiv des Burgmuseums. Für eine Restaurierung fehlt das Geld.