Ein Gotteshaus wird 175 Jahre alt

St. Josef feiert Geburtstag – ein Blick auf die bewegende Geschichte einer Kirche, die sich heute in einem interessanten „Stilmix“ präsentiert.

Traar. Als die Bevölkerung in Traar Anfang des 19. Jahrhunderts wuchs, waren die Pfarrherren von Bockum nicht begeistert, dass die Traarer Katholiken immer häufiger nach einem eigenen Gotteshaus verlangten und immer öfter die kleinen Kapellen der Rittersitze Traar und Rath besuchten statt den weiten Weg nach Bockum auf sich zu nehmen. Erst als Rupert Schmitz 1831 Pfarrer von St. Gertrudis war, wurden die Pläne verwirklicht: So wurde 1834 eine einfache aber große Kapelle auf der "Traarheide" errichtet.

Das Gotteshaus, das auf einem von Carl Josef Henoumont geschenkten Grundstück ge- und mehrfach umgebaut wurde, so dass es sich nach 175 Jahren in einem "Stilmix" präsentiert, feiert am letzten Sonntag des Kirchenjahres, am 22. November, Jubiläum. Dann verabschiedet sich auch Pfarrer Hans Beckers (71) nach 31 Dienstjahren.

Die Gemeindereform zu Neujahr findet ohne ihn statt. Dann folgt der "Auspfarrung" von 1834/43 die "Einpfarrung": St. Josef gehört dann zur Großgemeinde Nord mit der "Mutterkirche" Gertrudis. So schließt sich der Kreis.

Die Traarer Kirche, die erst 1843 offiziell Pfarrei wurde, als Arnold Derichs dort Pastor wurde, war als dreischiffiger Backsteinbau errichtet worden. Knapp hundert Jahre reichte das, dann wurde er 1929/30 erweitert. Nach Plänen von Bernhard Rotterdam entstanden ein breites Querschiff und die halbrunde Apsis sowie der Chorturm, der wie ein Mühlenturm konzipiert war.

Mit den Vorgaben des Vatikanischen Konzils wurde die Kirche 1975 bis 1977 durch die Architekten Norbert Schöningh und Hugo Nagel umgestaltet. Stützen verschwanden, das Langhaus wurde einschiffig. Das gegenüberliegende Schulgebäude wurde 1838 gebaut, 1860 aufgestockt und 1980/82 saniert. Das Pfarrhaus kam 1842, die Kaplanei 1868 als Doppelhaus für Küster und Kaplan hinzu, mit einem Garten für die Selbstversorgung.

Die Traarer, die sich gegen die Gemeindereform gewehrt haben, sind stolz auf die Fenster und Kunstwerke der "Dorfkirche", die zwei blauen Chorfenster, die sechs Fenster des Hauptschiffs, die je sieben Fenster des nördlichen und des südlichen Seitenschiffs, alle entworfen von bekannten Künstlern und hergestellt in einem namhaften niederrheinischen Glasatelier, außerdem die 14 Kreuzwegstationen, die Holzstatuen des Christopherus und des guten Hirten und das Chorensemble von Altar, Altarkreuz, Tabernakel und Ambo mit dem variierenden Wabenmotiv.

Hinzu kommen das Passionstuch, das Außenmosaik über dem Eingang und das alte Altarkreuz. Im Inneren der Kirche herrscht dämmriges Licht, das einen mystischen Eindruck aufkommen lässt. Der Friedhof ist ein wirklicher Kirchhof, 1843 neben der Kirche angelegt und später um den städtischen Teil erweitert.

Der Kirchplatz wurde 1986 von Landschaftsarchitekt Piet Schwarze angelegt. Die Traarer Katholiken wollen auch in der neuen Organisation ihr reiches Gemeindeleben nicht aufgeben. Wie lebendig die Gemeinde St. Josef ist, zeigt eine kleine Broschüre, die zum 175. Weihetag alle Aktivitäten dokumentiert.