Überfall-Opfer entlasten den Angeklagten
Alte Aussagen revidiert — Diebesgut taucht auf.
Krefeld. Plötzlich hebt ein Mann im Landgericht vor der ersten Zeugenvernehmung die Hand. Er habe noch etwas richtig zu stellen: Beim letzten Verhandlungstermin sei er verwirrt gewesen und habe etwas Falsches gesagt. Seine Frau tut es ihm gleich. Beide wurden im April 2011 in ihrem Haus an der Von-Beckerath-Straße von drei Unbekannten überfallen und mit Eisenstangen verprügelt. Geld und Schmuck sollen dabei ebenfalls gestohlen worden sein.
Auf der Anklagebank sitzt aber nur ein 25-jähriger Mann. Die anderen zwei Täter sind unbekannt. Allerdings soll nicht mal der 25-Jährige beteiligt gewesen sein — zumindest laut neuer Aussage der Opfer. Die Täter seien ihm völlig unbekannt. „Es könnten Rumänen oder Jugoslawen gewesen sein“, mutmaßt der Mann. Der Angeklagte hingegen sei nur beim Sohn der Geschädigten zu Besuch gewesen, der in einer Wohnung über den Eltern an der Von-Beckerath-Straße lebt.
Wie die Fingerabdrücke des Angeklagten auf die Eisenstange gekommen sind, dafür hat das Ehepaar auch eine Erklärung. Kurz nach dem Überfall sei der Angeklagte nämlich mit seinem Bruder und der Schwiegertochter die Treppe herunter gekommen. „Ich habe gesagt: Nehmt die Eisenstange und werft sie irgendwo weg“, erzählt die Ehefrau.
Gleichzeitig mit dem Sinneswandel ist nach dem letzten Verhandlungstag im Oktober auch der geraubte Schmuck wieder da. Die anfangs ebenfalls vermisste Tasche der Frau mit 200 bis 300 Euro sei niemals weg gewesen. Ihr Sohn habe die Tasche seiner Wohnung aufbewahrt und vergessen, ihr das mitzuteilen.
Gericht und Staatsanwaltschaft wurden misstrauisch. Gleich zwei Nachbarn waren wegen des Tumults beim Überfall zum Haus geeilt. „Und Ihre Schwiegertochter, die über Ihnen wohnt, hat erst etwas mitbekommen, als schon alles vorbei war?“, fragte der Staatsanwalt. Auch dafür gab es eine Antwort: laute Musik. Ein Polizist, der als Zeuge geladen ist, bringt es auf den Punkt: „Das war eine Situation, in der ziemlich viel vor uns geheim gehalten wurde.“ sp