Vor 70 Jahren: Die Nacht, in der Krefeld in Flammen stand

Nachdem die Wohnung an der Gartenstraße zerstört war, setzte die Familie alle Hoffnungen auf ihren Schrebergarten.

Krefeld. Am 21. Juni 1943 kamen meine Eltern mit mir (damals sechs Jahre alt) von einem Verwandtenbesuch aus Kempen und fuhren mit dem Fahrrad wieder nach Krefeld. Um mir die Zeit zu vertreiben, zählten wir die Kirchtürme von Krefeld. Wir ahnten damals nicht, dass am nächsten Tag viele zerbombt sein würden.

Wir wohnten an der Gartenstraße 32/Ecke Wassergasse, dem heutigen Gesundheitsamt. Meine Eltern hatten dort ein Lebensmittelgeschäft. Im Haus gab es keinen Luftschutzkeller. Darum benutzten wir bei Fliegeralarm den gegenüberliegenden Keller der Nachbarn.

So auch in dieser Nacht. Im Keller waren nur Frauen und Kinder. Die Männer waren im Krieg oder wie mein Vater bei der Feuerwehr.

In dieser Nacht sollte alles in einer Katastrophe enden. Plötzlich durchschlugen die Leute aus dem Keller des Nachbarhauses die Trennwand und schrien: „Raus hier, die Holztreppe brennt.“

Wir Kinder wurden wach und merkten die Angst der Erwachsenen. Wir mussten über die brennende Treppe nach oben auf die Straße. Meine Mutter warf mir nasse Tücher über. Halb wurde ich getragen, halb stolperte ich durch die Flammen. Es war ein ohrenbetäubendes Krachen und Zischen. Es wurde hell und wieder dunkel.

Diese Geräusche habe ich nie vergessen. Bei jedem Feuerwerk, für viele ein Vergnügen, kommen bei mir die Bilder, Szenen und Geräusche in mein Gedächtnis zurück.

Als wir die Straße betraten, sah ich unser gegenüberliegendes Haus in Flammen stehen. Wo die Haustüre war, war ein brennendes Loch. In den Schlafzimmerfenstern meiner Eltern lagen die brennenden Steppdecken. Sie waren wohl durch die Detonation dorthin gelangt.

Die große Hoffnung meiner Mutter war unser Garten mit dem kleinen Häuschen, den wir am Birkschen Dyk besaßen. Dorthin hatten meine Eltern für den Notfall einige Sachen deponiert. Auch hoffte sie dort meinen Vater, der bei der Feuerwehr Dienst hatte, zu treffen.

Als wir dort ankamen, war diese Hoffnung dahin. Von 48 Gartenhäuschen war unseres als einziges von einer Bombe getroffen worden und abgebrannt. Jetzt schwand auch diese Hoffnung, ein paar Sachen noch zu retten.

Erst heute verstehe ich diese Hoffnungslosigkeit, vor einem Nichts zu stehen. Vom Birkschen Dyk aus gingen wir Richtung Kempen, natürlich alles zu Fuß, wo wir am Vortag beschwingt und munter hergekommen waren. Dort trafen wir meinen Vater wieder, der uns schon überall vergeblich gesucht hatte.