Freundlichkeit ist inklusive im Bürgerbus

Der Bürgerbus in Erkrath ist mehr als nur ein Transportmittel: Vor allem ältere Fahrgäste schätzen die Hilfsbereitschaft der ehrenamtlichen Fahrer.

Erkrath. „Ach, da kommt er ja schon“, sagt eine der beiden elegant gekleideten älteren Damen, die an der Haltestelle „Bouleplatz“ auf den Erkrather Bürgerbus warten. Als Fahrer Bernhard Lenze die Tür öffnet und den Seniorinnen in das Fahrzeug hilft, folgt eine freundliche, fast schon herzliche Begrüßung. „Was würde ich bloß ohne Sie machen, ich hab’ doch jetzt mein Auto abgegeben. Und ein Taxi würde bestimmt sechs, sieben Euro kosten.“

Die Uhr zeigt 10.25 Uhr — Abfahrtszeit. Aber Lenze lässt den Motor noch nicht an, sondern schaut mehrmals aus dem Fenster. In diesem Moment nähert sich schnellen Schrittes eine Mittsiebzigerin mit Einkaufswägelchen. „Ich wusste doch, dass Sie noch kommen“, sagt Lenze schmunzelnd, als sie ihre Fahrkarte (1,50 Euro) löst.

An den nächsten beiden Haltestellen füllen sich die acht Fahrgastplätze des Kleinbusses, der mittlerweile fast 36 000 Kilometer auf dem Tacho hat. Auf der Rückbank unterhalten sich zwei Frauen. „Ich seh’ furchtbar aus. Zum Glück kommt heut’ Nachmittag die Andrea zum Haareschneiden.“

Im Wohngebiet steigen die ersten Fahrgäste aus. Die meisten kennen sich sogar namentlich. „Haben Sie denn schon Plätzchen gebacken, Frau Meier?“, wird quer durch den Bus kommuniziert. Frau Pieper, die zum Markt will, hat gerade ganz andere Sorgen: „Ich glaube, ich habe meine Geldbörse vergessen“, sagt sie, während sie ihre Manteltaschen durchsucht. „Auch das noch . . .“ Sie steigt zwei Haltestellen später wieder aus: „Ich laufe nach Hause und nehme den nächsten Bus.“

Auf der Bahnstraße ist erst mal Schluss. Ein Lastwagen parkt so, dass der Bus nicht vorbei kommt. „Das gibt’s doch gar nicht“, murmelt der Fahrer und geht auf die Suche nach dem Falschparker, der nicht im Fahrzeug sitzt. Dieser taucht wenige Minuten später auf — in Begleitung einer Politesse. „Der konnte nicht anders parken“, sagt die Stadtmitarbeiterin. „Schaffen wir das bis elf zum Bahnhof?“, fragt ein Fahrgast, der mit der S-Bahn weiter nach Düsseldorf fahren will. Lenze ist mittlerweile ein wenig im Stress: „Wenn der da endlich in die Gänge kommt, dann ja.“

Im Schritttempo geht es durch die Fußgängerzone, in der die Politesse gerade ein Telekom-Fahrzeug aufschreibt und Straßenmusiker Duncan Fulton, so steht es an seinem Gitarrenkoffer, Weihnachtslieder singt. Um 11.52 Uhr stoppt Lenze am Bahnhof — vier Minuten später als vorgesehen, aber noch rechtzeitig, damit der Mann die S-Bahn erreicht.

An der Haltestelle Mühlenstraße steigt eine gehbehinderte Frau mit Stock langsam die drei Stufen in den Fahrgastraum hoch. Sie besucht täglich ihre 105-jährige Mutter im Altenheim. „Ich hatte Angst, dass Sie schon weg sind. Bekomme ich denn meinen Anschlussbus nach Millrath noch?“ Lenze verspricht: „Ich drück’ aufs Gas.“ Als er fast pünktlich an der Haltestelle ankommt, gibt es als Dank ein Lächeln: „Ach, Sie sind immer ein Lichtblick. Vielleicht finde ich ja dieses Jahr neue Beine unterm Weihnachtsbaum.“

Der Bus steuert kleeblattförmig verschiedene Wohngebiete an und kehrt jedes Mal ins Zentrum zurück. „Immer rein in die gute Stube“, sagt Lenze, als eine Frau einsteigt, die zu einem bestimmten Doktor muss. Dort ist zwar keine Haltestelle, aber auch das wird möglich gemacht.

Im nächsten Wohngebiet steigen zwei Frauen, beide um die 80 Jahre alt, zu. Sie wollen in die Stadt — Weihnachtsgeschenke für die Lieben kaufen. „Mein Enkel will so ein Eipott, das ist so eine Art Kassettenspieler, nur in klein und bunt.“ Ob der Enkel wohl seinen gewünschten iPod bekommen wird?

An der Haltestelle warten schon die Fahrgäste für die nächste Tour — und die Ablösung für Lenze. „Feierabend für heute“, sagt der Ehrenamtler und packt nach drei Touren durch Erkrath seine Sachen zusammen. Und aus der Fußgängerzone ist Fultons Weihnachtsmusik zu hören.