Wohnraum für Haaner Senioren Petition für altersgerechtes Wohnen sorgt für Irritation

Haan · Romy Becker findet, dass sich beim seniorengerechten Wohnen in Gruiten zu wenig tut – und hat nach eigenen Angaben 140 Unterschriften Gleichgesinnter gesammelt. Ihr Anliegen sorgt jedoch nicht nur für Beifall.

Romy Becker hat bereits 140 Unterschriften gesammelt – und es sollen noch mehr werden.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

140 Unterschriften hat Romy Becker mit ihrer Petition zur „Frage des altersgerechten Wohnens“ bereits gesammelt, wie sie sagt. Dafür habe sie auf dem Gruitener Dorffest „am Stand des Runden Tisches“ zusammen mit drei Mitstreitern „quasi non-stop Gespräche geführt“ – trotz „Kreislaufwetter“ und hohem Alter. Romy Becker ist 70.

Ihre Petition besteht eigentlich aus drei Fragen: Welche Ansprechpartner und politischen Unterstützer gibt es für altersgerechtes Wohnen in Gruiten? Welche Fördermittel können wo beantragt werden, mit denen das Anliegen finanziert werden könnte? Was können Bürger zur Schaffung von privaten Wohn- und Betreuungsmöglichkeiten in Gruiten beitragen? Diese Fragen möchte Romy Becker von der Stadtspitze beantwortet haben.

Die Resonanz auf ihre Aktion, findet sie, sei sehr positiv gewesen. Einige von denen, die kamen, hätten gesagt: „Redet nicht nur von älteren Menschen. Redet ausdrücklich von behinderten Menschen. Und auch die fehlende Barrierefreiheit gehört auf die Agenda, wenn ihr schon mal dabei seid.’“ Ein wiederkehrendes Thema sei der Gruitener Bahnhof und seine mangelnde Barrierefreiheit gewesen – die betreffe auch Eltern mit Kinderwagen, Rollstuhlfahrer oder Menschen am Rollator. In Gruiten hat bereits mehr als ein Viertel aller Bürger das Alter von 65 Jahren überschritten. Doch bei seniorenbezogenen Belangen tue sich im Ort nicht genug. Das, was sich tue, geschehe zu langsam, findet Becker. Dies gelte besonders für das altersgerechtes Wohnen.

„Wir sind hier in Gruiten wesentlich schlechter gestellt, als die Menschen die in Ober-, Unter- oder Mittelhaan leben“, findet Becker. Denn wer im fortgeschrittenen Alter nicht in seiner Wohnung bleiben könne, habe ein Problem: „In Gruiten gibt es keine Seniorenwohnanlage oder Pflegeeinrichtung. In so einem Fall muss man in eine der Einrichtungen in Solingen, Wuppertal, Mettmann, Erkrath oder eben Haan ziehen. Damit werden die Leute aus ihrem sozialen Umfeld, ihren Beziehungen, Freundschaften und Vereinen herausgerissen.“ Für einige folgt dann die Vereinsamung im Alter, warnt Romy Becker. Deshalb müssten in Gruiten spezifische und zeitnah umsetzbare Lösungen gefunden werden. „Eigentlich ist das keine Petition, sondern ein Hilferuf“, fasst die 70-Jährige zusammen.

Um solche Lösungen zu finden, sitzt Romy Becker für die katholische Kirchengemeinde St. Nikolaus am „Runden Tisch für seniorengerechte Quartiersentwicklung in Gruiten“. Diese Arbeitsgruppe tagt seit September 2019. Viele Akteure am Tisch leisteten tolle Arbeit, die allermeisten davon ehrenamtlich. Doch zurzeit habe Becker das Gefühl, dass viele der Vorschläge schon im Ideenstadium stecken bleiben. „Wer will, findet Wege, wer nicht will, findet Ausreden. Und wir rennen immer vor die Wand aus Ausreden“, bemängelt Becker. Diese Wand wird ihrer Ansicht nach von Politik und Stadtverwaltung aufgebaut. Deswegen habe Becker sich auf dem Dorffest besonders die Aufmerksamkeit von Bürgermeisterin Bettina Warnecke gewünscht, die habe aber leider keine Zeit zum Besuch am Stand gefunden: „Wir wünschen uns von Frau Warnecke konkrete Antworten auf unsere Fragen.“

Beckers Darstellung sei so nicht korrekt, entgegnet Bettina Warnecke auf Anfrage. An den Stehtischen, an denen Becker für die Petition warb, sei sie zwar vorbeigekommen, allerdings seien die zu jenem Zeitpunkt nicht besetzt gewesen. „Über die Petition habe ich aus dem Sachstandsbericht über die seniorengerechte Quartiersentwicklung erfahren. Die Petition liegt mir aber noch nicht vor und ich kenne ihren Inhalt nicht“, erklärt Warnecke. Auch aus der Bürgerschaft erntet Becker nicht nur Beifall. Wolfgang Stötzner, Vorsitzender des Bürger- und Verkehrsvereins BVV, ist ebenfalls Mitglied des runden Tisches. Er zeigt sich vor allem über die Art und Weise irritiert, in der Becker mit der Petition an die Öffentlichkeit getreten sei: „Diese Petition ist eine private Initiative von Frau Becker. Die ist zu keiner Zeit mit dem Runden Tisch abgesprochen gewesen und geht auch nicht vom Runden Tisch aus.“

Die Entstehung und Vorbereitung der Petition wird am Freitag, 5. Juli, noch einmal Thema sein. Dann findet die nächste Zusammenkunft des Runden Tisches statt.