Große Verabschiedung in Hilden Fliedner-Rektor Guedo Wandrey geht in den Ruhestand
Hilden · Guedo Wandrey gehört seit beinahe 40 Jahren dem Kollegium der Wilhelmine-Fliedner-Schule an. Er kümmerte sich als Schulleiter unter anderem um den Übergang von Real- zu Gesamtschule. In dieser Woche geht er in den Ruhestand.
Als Guedo Wandrey Lehrer wird, gibt es kaum Kopierer: „Wir hatten damals noch Umdrucker, alles roch nach Spiritus“, erinnert sich der Direktor der Wilhelmine-Fliedner-Gesamtschule in Hilden. Mit solchen Matrizendruckern können die Arbeitsblätter vervielfältigt werden. 1984 beginnt der junge Sowi- und Religionslehrer mit dem Vorbereitungsdienst, 1986 wechselt er nach Hilden an die Gerresheimer Straße. Jetzt steht er kurz vor seinem Ruhestand – „und Kopierer gibt es heute kaum noch. Papier spielt dank der Whiteboards und der iPads nur noch eine kleine Rolle.“
Auch wenn sich eine Menge geändert hat: Guedo Wandrey liebt das, was er macht. Deshalb fällt ihm der Abschied von seiner Schule, seinem Kollegium und seinen Schülerinnen sowie Schülern nicht leicht: „Aufhören ist schwierig“, sagt er. Am Ende des Schuljahres, also noch in dieser Woche, hört der 66-Jährige auf. Sein Arbeitgeber, die evangelische Kirche, und seine Schule werden ihn am Donnerstag groß verabschieden. „Dabei bin ich doch immer nur Lehrer gewesen“, sagt er.
Der gebürtige Remscheider beginnt 1978 mit seinem Studium. Den Berufsstart an der Fliedner, damals noch eine Realschule, begleitet die Ungewissheit, wie es weitergeht: „Heute klingt das völlig unvorstellbar, aber damals herrschte ein Einstellungsstopp. Ich habe mit einem Drei-Monats-Vertrag angefangen, der zigmal verlängert wurde“, erklärt Wandrey. Später haben einige Kolleginnen für ihn auf Stunden verzichtet, damit er diese Stunden und damit eine Stelle bekommt.
Wandrey war und ist nicht nur bei seinen Kollegen beliebt, auch viele Schüler schätzen seine direkte, ehrliche Art. Denn auch bei Kritik bleibt er sachlich, bietet im Gegenzug seine Hand an, um das Problem zu lösen. „Ich glaube, ich habe ein Helfersyndrom“, sagt er. Für ihn steht immer der Mensch im Mittelpunkt. „Ich war Klassenlehrer und habe vor allem Klassen mit Spätaussiedlern begleitet“, sagt er. Manche müssen damals erst einmal die Grundzüge der Demokratie in einer freien Welt lernen. Von vielen lässt er sich Himbeerpflanzen mitbringen, wenn sie vom Heimaturlaub beispielsweise aus Sibirien oder Serbien zurückkehren. „Ich habe mehr als 30 verschiedene Sorten zu Hause im Garten stehen.“
Vor 13 Jahren übernimmt Guedo Wandrey die Leitung an der Fliedner. Er löst die alte Realschule auf, wandelt sie in einem Kraftakt in die Gesamtschule um. Parallel gibt er Unterricht in Religion und Sozialwissenschaften. Und löst Probleme. „Ich war in der Regel auch samstags und sonntags in der Schule“, sagt er.
Bis er die Diagnose Krebs bekam. „Das war alles wohl ein wenig zu viel“, sagt er heute. Bis zum Tag vor der Operation arbeitet er weiter. Da denkt er noch, dass er nur ein paar Tage, vielleicht zwei Wochen ausfällt. Daraus wird ein halbes Jahr. „Danach habe ich mich nur noch um die Schulleitung gekümmert.“ Anfang 2024 kommen Probleme mit dem Herzen hinzu. Das alles mache nachdenklich, sagt Wandrey. Zum ersten Mal weicht das Lächeln aus seinem Gesicht. Aber nur für einen kurzen Moment.
Seit 1984 hat sich eine Menge verändert, auch die Gesellschaft. „Wir waren früher mehr einander zugewandt“, sagt Guedo Wandrey. Klar, es habe immer schon schwierige Schüler, Eltern und Lehrer gegeben. „Aber der Ton ist deutlich rauer geworden. Ich würde mir wünschen, dass Lehrer, Schüler und Eltern wieder mehr zusammenarbeiten“, sagt er. Auch das Miteinander sei in den Hintergrund gerutscht. „Wenn ich heute in Pausen auf den Schulhof schaue, sehe ich zu 90 Prozent Kinder, die auf ihr Handy starren“, sagt Wandrey. Ein ähnliches Verhalten beobachtet der Pädagoge allerdings auch bei einigen Kolleginnen und Kollegen. Die letzten Tage als Schulleiter erinnert Guedo Wandrey an einen Urlaub, der langsam zu Ende geht: „Ich mache noch einmal all das, was mir viel bedeutet“, sagt er. So nutze er die Pausen, um mit Schülerinnen und Schülern ins Gespräch zu kommen, außerdem lässt er sich häufiger im Lehrerzimmer blicken.