Erinnerungen an das Hochwasser 2021 Am Abend kommt das Wasser

Hilden · Mareike und Stefan Schlebusch fahren am 14. Juli 2021 in den Urlaub – und kehren am selben Abend wieder um. Denn ihr Haus im Hildener Süden wird vom Garather Mühlenbach überflutet. Acht Monate lang bringen Handwerker ihr Haus wieder in Ordnung, bis sie am 2. März 2022 endlich wieder einziehen können.

Die Tiefgarage am Nove-Mesto-Platz lief am Abend des 14. Juli komplett voll, nachdem die Itter über ihre Ufer getreten war.

Foto: Uwe Kuhlmann

Kurz bevor sie in den Urlaub fahren, gehen Mareike und Stefan Schlebusch hinter ihrem Haus im Hildener Süden noch einmal unten an den Garather Mühlenbach – zur Sicherheit. Es ist der 14. Juli 2021, es hat lange und viel geregnet. Der Wasserstand ist hoch, aber nicht besorgniserregend. Sie steigen ins Auto und fahren mit ihren Kindern los. Sie können in diesem Moment nicht ahnen, dass sie schon am Abend wieder in Hilden sein werden und acht Monate lang nicht mehr in ihrem Haus wohnen können.

Denn am Abend kommt das Wasser. Erst läuft der Garten voll, dann bricht das Kellerfenster unter dem Druck. „Nachbarn haben noch versucht, den Keller leerzuräumen“, erklärt Mareike Schlebusch. Ihre Mutter ist vor Ort, und berichtet der Familie von den Geschehnissen. Doch als das Wasser ins Haus läuft, brechen sie die Bergungsversuche ab. „Innerhalb von zehn Minuten lief der komplette Keller voll, das Erdgeschoss stand bis kurz unter die Steckdosen voll mit Wasser.“ Familie Schlebusch bricht den Urlaub noch am Anreisetag ab. Gegen 23 Uhr stehen Mareike und Stefan Schlebusch vor ihrem Haus und erkennen das Ausmaß der Zerstörung. Das Auto müssen sie eine Straße weiter abstellen, weil alles unter Wasser steht.

Nur ein paar alte Fotos und wenige Dokumente können sie retten. Die Kinder kommen für die Nacht bei den Großeltern unter, die Schlebuschs warten auf die Feuerwehr, die kurze Zeit später sechs Stunden lang das Haus auspumpt, räumen auf, kommen nicht zur Ruhe: „Wir haben nur noch funktioniert“, erinnert sich Mareike Schlebusch. Nach mehr als 40 Stunden können sie endlich ein wenig schlafen.

Doch die Arbeit fängt erst an. „Am ersten Tag nach dem Hochwasser haben wir zwei Container Hausrat weggeworfen“, erinnert sich Mareike Schlebusch. Es folgen weitere. Eigentlich war alles hinüber. „Wir haben keinen Speicher, sondern nur einen Keller. Dort haben wir alles gelagert.“ Freunde helfen den beiden tatkräftig, rund 30 kommen am 15. Juli vorbei und räumen das Haus leer. „Es musste alles weg. Wir hatten Angst vor Schimmel.“ Sie schmeißen fast alle Möbel weg.

Zehn Tage kommt die Familie bei Freunden unter, dann tut sich die Möglichkeit auf, eine Wohnung in der Nähe ihres Hauses zu mieten. Gutachter schauen sich den Schaden an, geben eine Schätzung an die Versicherung durch. „Zum Glück waren wir versichert“, erklärt Mareike Schlebusch. Eine Sanierungsfirma kümmert sich um den Schaden, macht der Familie jedoch keine großen Hoffnungen: „Wir wollten gerne Weihnachten wieder bei uns im Haus feiern – aber die Spezialisten erklärten uns, dass es wohl auf das Frühjahr hinauslaufen werde.“

Die Furcht vor dem nächsten Hochwasser bleibt

Sorgen treiben die Schlebuschs um: Wie stabil ist das Haus jetzt? Wie soll es weitergehen? Sie treffen Maßnahmen, um so etwas nie wieder erleben zu müssen: „Wir haben ein Loch in den Garten gegraben, in das wir eine Pumpe stellen können. Außerdem haben wir im Keller hochwasserfeste Fenster einbauen lassen.“ Nun wollen sie Sandsäcke anschaffen. „Laut Stadt und BRW soll es sich dabei um ein ,Jahrtausendhochwasser‘ gehandelt haben“, sagt Mareike Schlebusch. Aber man wisse ja nie. Am liebsten würden sie eine Mauer am Bach ziehen lassen. Aber das dürfe man nicht, sagt sie. Von der Stadt und vom BRW fühlt sie sich allein gelassen. Und sie fragt sich heute noch, warum das Wasser plötzlich in einer Flutwelle den Bach herunterfließen konnte.

Am 2. März 2022 kann Familie Schlebusch wieder ins Haus ziehen – die Firma hat fast alles erneuert: Der Estrich musste entfernt, die Leitungen neu gezogen, eine neue Heizung installiert werden. Die Familie freut sich riesig, endlich wieder in den eigenen vier Wänden leben zu können. „Die acht Monate waren sehr belastend“, erinnert sich Mareike Schlebusch.

Das Hochwasser vom 14. Juli 2021 hat etwas mit ihr und ihrem Mann gemacht. Wenn es jetzt stark regnet, gehen sie an den Bach und schauen, wie hoch das Wasser steht. Die Versicherung habe ihnen nahe gelegt zu kündigen, sonst hätte man ihnen gekündigt. Die Suche nach einem neuen Versicherer dauert lange. „Hilden scheint dort ein rotes Tuch zu sein.“ Jetzt aber haben sie wieder eine Versicherung.

Die Schlebuschs lagern wieder viele Besitztümer im Keller, der nun besser vor Hochwasser geschützt ist: „Wir haben keinen Speicher und daher keine andere Wahl“, sagt Mareike Schlebusch. Ein paar wichtige Dokumente jedoch bewahren sie oben auf. Und eine Laterne. „Ich liebe St. Martin und habe immer alle selbstgebastelten Laternen unserer Kinder in die Fenster gestellt“, sagt Mareike Schlebusch. Doch die sind alle vom Wasser zerstört worden. Ihre Tochter habe aber eine Laterne nach Juli 2021 gebastelt, die steht nun in einem der oberen Geschosse. Zur Sicherheit.