Kindergartenausflug auf den Friedhof

Wie erklärt man Kindergarten-Kindern, was Sterben bedeutet? Frank Göbel versucht es mit einem Rundgang an dem Ort, wo der Tod zum Alltag gehört.

Hilden. Es ist Rushhour auf dem Friedhof an der Kirchhofstraße. Der Tag vor Allerheiligen bedeutet Hochbetrieb. Auf den Gräbern wird Laub gekratzt, viele Besucher tragen Gestecke auf dem Arm, mit denen sie die Gräber ihrer Angehören schmücken wollen. Das gleichmäßige Brummen eines Laubsaugers ist vertont die stille Geschäftigkeit.

Das klingt nicht unbedingt nach dem geeigneten Ausflugsort für ein fünfjähriges Kind. Und doch scheinen die Kinder der Caritas-Kita St. Jacobus sich dort recht wohl zu fühlen. Die steinernen Grabeinfassungen etwa eignen sich ganz hervorragend zum Balancieren. Von Bedrückung keine Spur — hin und wieder zischt eine Mutter ihrem Spross zu: „Nicht so laut, wir sind hier auf dem Friedhof .“

Frank Göbel, Pastoralreferent der Gemeinde, führt die Kinder über das weitläufige Areal. Er versucht den zum Teil erst dreijährigen Knirpsen die Frage zu beantworten, vor der sich Eltern schon vor der Geburt ihres Nachwuchses fürchten: „Was ist der Tod?“

„Ich versuche, das Thema zu enttabuisieren“, sagt Göbel. Ein Friedhof gehöre ja schließlich zur Stadt dazu. „Die Kinder gehen damit ganz unbefangen um“, beobachtet Göbel. Seit vier Jahren organisiert er diesen Rundgang für die Kinder. Ganz behutsam und dem angepasst, was sie begreifen können in diesem Alter. „Ich denke, die Angst, dass die Kinder dadurch traumatisiert werden könnten, ist falsch“, sagt Göbel. Schwierig werde es nur, wenn die Kinder bereits mit den Themen Tod und Trauer in ihrem persönlichen Umfeld konfrontiert wurden. „Das ist dann natürlich noch mal eine andere Sache.“

Und so beginnt es ganz unverfänglich. Vor einem Grab mit weißer Engels-Skulptur macht die Gruppe Halt. „Warum zeigt der Engel denn nach oben?“, fragt er. Schweigen. Der vierjährige Lennart schart mit dem Fuß in der Erde. Und dann noch ein Versuch: „Was ist denn da oben?“ Vorsichtig sagt ein Mädchen fragend: „ Himmel.“ „Ja, genau, und wer ist da?“ — „Der liebe Gott“, ruft ein grelles Kinderstimmchen.

Dann ziehen sie weiter. Stolz halten die Kinder Grablichter in der Hand, an jedem Halt stellen sie eines auf. „Die Familien sehen das beim nächsten Besuch und freuen sich sicher sehr darüber“, ermuntert Göbel. Dazu wird ein kleiner Papierstreifen mit einem „stillen Gruß“ gelegt.

Ganz aufmerksam und still werden die sonst so forschen Kinder an der Grabstelle mit einem herzförmigen Stein. Der vierjährige Lennart läuft zu seiner Mutter Tanja Wagner und erzählt mit großen aufgebrachten Augen: „Da ist ein Baby gestorben. Das war zwei Tage alt.“ „Mmmh“, entgegnet sie und streicht ihm über den Kopf. Es wird noch ein Abend mit vielen Fragen werden, bei den Wagners.