Lieber in die Urne als in den Sarg
Bestattungskultur im Wandel: Seit 2010 werden in Hilden mehr Urnen als Särge beigesetzt.
Hilden/ Haan. Zu den Totengedenktagen im November schmücken viele Hildener und Haaner die Gräber ihrer Angehörigen auf den Friedhöfen. Spätestens dann wird ihnen auffallen, dass sich die Bestattungskultur wandelt. Auf vielen Friedhöfen gibt es immer mehr Lücken zwischen den Grabstellen. Hintergrund: In Hilden beispielsweise werden seit 2010 mehr Urnen als Särge beigesetzt. Hinzu kommt ein Trend zu pflegeleichten Gräbern. Sie machen mittlerweile gut 78 Prozent bei Urnengräber aus.
Das hat Folgen für Bestatter und Friedhofsgärtner. „Bei einem Urnengrab fallen viele Aufgaben weg, die früher wichtige Einnahmen brachten“, bestätigt Gerlinde Kreutzer von der gleichnamigen Friedhofsgärtnerei in Hilden. Friedwald und Wiesengräber bräuchten kaum Pflege, der städtische Rasenmäher reiche da aus. Blumenschmuck verkaufe sich schon seit Jahren schlecht. „Das Blumengeschäft musste ich schließen“, sagt die 59-Jährige, deren Friedhofsgärtnerei zum Nebengeschäft geworden ist.
Auch Mathilde Kartz in Haan (Stein- und Bildhauerei Kartz) hat in den letzten Jahren Umsätze verloren. Zwischen einer kleinen Steinplatte für ein Urnengrab und einem Grab mit Grabstein oder großer Steinplatte „liegen mehrere hundert Euro“, erklärt Kartz.
Die Entwicklung zu Gemeinschaftsgrabstätten und Kolumbarien gehe zulasten der Friedhofssteinmetze: „Denn so können wir kaum Steine verkaufen.“„Die großen Grabstätten werden weniger“, beobachtet auch Friedhofsgärtner und Bestatter Clemens Piegeler aus Haan. „Wer leidet, sind die Steinmetze und Gärtner“, sagt Bestatterin Anne-Katrin Krämer aus Hilden (Bestattungen Kreuer). Denn für den Bestatter mache es kaum einen Unterschied, ob es sich nun um eine klassische Erdbestattung oder einen kleinen Platz auf dem Urnenfeld des Friedhofs handelt.
„Bei einer Feuerbestattung kommt neben einem zwar schlichten Sarg für den Einsatz im Krematorium ja noch die Urne hinzu.“ Der Trend dahinter sei, dass man sich für den Verstorbenen eine Anlaufstelle wünsche, sich aber nicht mehr um die Grabpflege kümmern wolle, sagt Krämer.
„Kleine Betriebe geben auf, größere entstehen“, berichtet Klaus Schneider vom Landesverband Gartenbau Rheinland, der rund 600 Friedhofsgärtnereien vertritt, die auf rund 1000 Friedhöfen arbeiten: „Friedhofsgärtner müssen mehr tun, um im Geschäft zu bleiben.“ Bei Urnengemeinschaftsgräber beispielsweise könnten sich Angehörige verschiedener Bestatteter die Grabpflege teilen.
Ein anderer Trend seien „gärtnergepflegte Grabfelder“. Schneider: „Sie werden komplett von Friedhöfsgärtner angelegt und betrieben.“ Vorteil für die Kunden: „Sie sehen heute schon, was sie später bekommen.“ Diese „Memorian-Gärten“ seien keine Konkurrenz für die Friedhofs-Betreiber: „Die Kommunen oder Kirchen bleiben Hausherr, geben die Pflege aber an Friedhofsgärtner ab. Das ist keine Konkurrenz, sondern eine Kooperation.“ Träger der drei Friedhöfe in Hilden ist die Stadt. Nur wenn die Friedhöfe gut angenommen werden, können die Gebühren stabil gehalten werden.