Kunden verschmähen Salat
Wegen des Ehec-Erregers wollen Käufer ganz genau wissen, woher die Ware kommt.
Ratingen. „Woher sind die?“ Das war am Donnerstag die am häufigsten gestellte Frage auf dem Ratinger Wochenmarkt. Die Nachrichten, dass Tomaten, Gurken und Salat aus Norddeutschland als Infektionsquelle für den gefährlichen Durchfallerreger Ehec infrage kämen, haben die Käufer verunsichert. „Fast jeder fragt nach oder kauft erst gar nicht“, sagt Marktbeschickerin Elke Busch. Geduldig gibt sie den Kunden immer wieder Auskunft: „Wir verkaufen überhaupt keine Produkte aus Norddeutschland. Unsere Waren stammen entweder aus eigenem Anbau oder aus der Region am Niederrhein“, sagt die Krefelder Bäuerin.
Sie hat zwar Verständnis für die Sorgen und Ängste der Leute, findet aber die Aufregung doch etwas übertrieben. Zum Glück gebe es noch die vielen Stammkunden, „die uns vertrauen“ — wie zum Beispiel Barbara Brühl: „Ich weiß, dass die fast alles selbst anbauen. Sonst würde ich hier nicht einkaufen. Außerdem wasche ich zuhause Obst und Gemüse grundsätzlich heiß ab.“
Auch an anderen Marktständen ist die Frage nach der Herkunft und Unbedenklichkeit von Tomaten und Gurken allgegenwärtig. „Die Leute sind verunsichert und haben Angst“, sagt Toni Ingenhoven, Bauer und Markthändler aus Düsseldorf-Hamm. „Wir bauen auf kleinster Parzelle an. Da kommt im Herbst Pferdemist drauf, der wird dann untergepflügt. Wir arbeiten gar nicht mit Gülle.“ Und außerdem wüssten die Experten ja noch gar nicht, woher der Erreger tatsächlich stammt.
Das Misstrauen vieler Kunden bleibt. Manche steigen verstärkt auf Gemüse um, lassen trotz aller Beteuerungen den Salat liegen. Ingenhoven: „Der geht heute überhaupt nicht. Kein Mensch traut sich, den zu kaufen.“ Normalerweise habe er mittags nur noch ein paar Salatköpfe übrig. Stattdessen türmt sich der Berg in unberührter Höhe. „Der kommt nachher in die Kühlung, dann hält er noch einen Tag“, sagt Ingenhoven. „Aber danach ist Schluss. Übermorgen muss der auf die Kippe. Was soll ich machen? Wenn ich den Salat auf dem Feld stehenlasse, ist er nach einer Woche vertrocknet.“
Süleyman Sahin, Marktbeschicker
„Ich wasche alles gründlich ab, das reicht.“ Philippa Sahyoun nimmt von Elke Busch zwei Gurken und ein Pfund Tomaten entgegen und verstaut sie in ihrem Rucksack. Ein Bund Schnittlauch, drei Kohlrabi und ein paar Radieschen folgen. Sie will sich nicht verrückt machen lassen. Elke Busch pflichtet ihr bei: „Was hat es nicht alles schon für Aufregung gegeben bei der Vogel- und Schweinegrippe?“
„Tomaten — ein Kilo 99 Cent“. Markthändler Süleyman Sahin versucht, mit einem Kampfpreis den Umsatz anzukurbeln. Knallrot leuchtet der Berg mit den knackigen Tomaten auf den blauen Körben. „Die kommen aus Belgien, die anderen vom Niederrhein — aber die Leute kaufen sie trotzdem nicht.
Überhaupt seien die Kunden heute sehr ängstlich und zurückhaltend, wollen gar nichts probieren. „Normalerweise verteile ich immer kleine Kostproben. Doch die will heute niemand.“