Beste deutsche Auszubildende: Schuhe sind ihr Ding
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer hat die 22-jährige Jessica Vollrath als beste deutsche Auszubildende ausgezeichnet.
Langenfeld. Sie habe schon immer einen kleinen Schuhtick gehabt, sagt Jessica Vollrath und lacht. Dann wendet sie sich wieder ihrer Arbeit zu: Ein Paar schwarzer Stiefel liegt auf ihrem quadratischen Tisch. Es ist ein sogenanntes Musterstück. Ob und wann es in einem Verkaufsregal stehen wird, weiß zu diesem Zeitpunkt noch niemand.
Die 22-Jährige hat gerade ihre Ausbildung zur Schuhfertigerin bei der Ara Shoes AG abgeschlossen. Und sie ist als eine der bundesbesten Auszubildenen in Berlin ausgezeichnet worden.
Selbst die Moderatorin der Verleihung, Barbara Schöneberger, habe sich einen Scherz über das Thema Frauen und Schuhe nicht verkneifen können, sagt Vollrath. „Schuhfertigerin — ein Traum für Frauen“ oder etwas Ähnliches habe sie gesagt. „Aber das kenne ich mittlerweile“, sagt Vollrath lächelnd. Und falsch sei das ja auch nicht.
Zurzeit arbeitet die 22-Jährige in der Abteilung, in der die Schuh-Ideen vom Papier ins Leder umgesetzt werden. Erst dann wird in einer anderen Abteilung des Hauses entschieden, ob der Schuh sich verkaufen lässt. Sind die Fachleute der Meinung, der Schuh habe eine Chance auf dem Markt, erfolgt die Produktion der Kollektion in den Werken der Ara im Ausland — in Portugal, Indonesien und Rumänien.
Jessica Vollrath war während ihrer Ausbildungszeit nicht im Ausland im Einsatz. „Das hat sich nicht ergeben“, sagt die 22-Jährige. Für ihre Einstellung war die Bereitschaft, ins Ausland zu gehen, aber Voraussetzung.
Drei Jahre dauert die Ausbildung, in einigen Fällen kann verkürzt werden. „Ich wusste von Anfang an, dass das mein Ding ist“, sagt Vollrath. Ihr Freund sei Sattler und habe sie irgendwann auf den Trichter gebracht, es doch mit Schuhen zu versuchen. Auch er sei Bundesbester seines Azubi-Jahrgangs geworden. „Das war ein Ansporn, viel zu lernen und auch in Berlin ausgezeichnet zu werden“, sagt sie.
Jessica Vollrath ist nicht die erste Auszubildende des Unternehmens, die mit überdurchschnittlichen Leistungen von sich reden macht. „Wir hatten in den vergangenen sechs Jahren fünf Bundesbeste, jedes Jahr sind Landesbeste dabei“, sagt Personalchef Gerd Koschik. Zurzeit sind 26 Auszubildende im Betrieb, ihre Übernahmechancen sehr gut.
„Als Schuhfertiger sind die Einsatzmöglichkeiten auf dem Markt begrenzt. Wir haben also auch eine Verantwortung unseren Auszubildenden gegenüber“, sagt Koschik. Gute und zuverlässige Auszubildende würden immer übernommen, sagt er. Trotz dieser Aussicht mangele es an Bewerbungen. „Der Ausbildungsberuf Schuhfertiger hat einen geringen Bekanntheitsgrad, obwohl wir mit Schulen zusammenarbeiten und viel werben“, sagt er: „Die meisten Frauen und Männer tragen zwar Schuhe, interessieren sich aber nicht dafür, wie sie hergestellt werden.“
Koschik schlendert über die langen Flure und grüßt die ehemaligen Auszubildenden mit Namen. Erik Schlenker ist einer von ihnen. „Bei mir es aber etwas länger her“, flachst der 43-Jährige. Heute ist er Chef-Modelleur und entwirft in der Entwicklungsabteilung den künftigen Prototyp eines Schuhs. Vor 25 Jahren schloss er seine Ausbildung ab. Noch heute freut er sich, wenn er einen auf seinem Computer-Monitor entworfenen Schuh am Fuß einer Passantin sieht.