Hilden: Mit der Klarinette nach Ohio

Schüleraustausch: Lisa Krekel (17) aus Hilden hat in der amerikanischen Kleinstadt Whitehall ungewöhnliche Erfahrungen gesammelt.

Hilden. Die in Filmen gern verbreiteten Bilder der schönen und erfolgreichen Schüler an amerikanischen Highschools sind ein Klischee. Falsch ist auch das oft zu hörende Loblied auf das amerikanische Schulsystem.

Trotzdem bereut Lisa Krekel ihre Entscheidung nicht, für ein Schuljahr in die USA gegangen zu sein. "Es kommt einfach darauf an, wohin und in welche Klasse man kommt", sagt die Schülerin des Helmholtz-Gymnasiums, die jetzt nach einem einjährigen USA-Aufenthalt zurück nach Hilden gekommen ist.

Die 17-Jährige hatte das Pech, in Whitehall gelandet zu sein. Die 19 000 Einwohner zählende Kleinstadt im Bundesstaat Ohio bietet "nur Kornfelder, da ist viel Nichts". Freunde besuchen, Twister spielen, viel mehr Freizeitaktivitäten gibt es nicht. Das war auch den Gasteltern bewusst, die ihren deutschen Gast ganz bewusst nach den Hobbys ausgesucht haben: Musik und Sport.

Dadurch fand sie schnell Kontakt zu den amerikanischen Jugendlichen. Als Volleyballerin und Leichtathletin schaffte sie es in die Teams der Whitehall Yearling Highschool, als Klarinettistin (zehn Jahre an der Musikschule) konnte sie in der schuleigenen Marching-Band mitspielen. Dort spielen auch zwei der sechs Kinder ihrer Gasteltern: Kim (15) und Joline(18) Euman.

Von ihrer Gastfamilie ist Lisa begeistert. "Sehr nett und ein bisschen chaotisch." Den Kontakt will sie pflegen. Per E-Mail - so wie während ihres US-Aufenthalts mit ihrer Familie. "Und ich will sie auf jeden Fall wieder besuchen. Denn es war eine super Erfahrung, die ich jederzeit wiederholen würde." Nur Ohio müsste es nicht unbedingt sein.

Nicht einmal ihren Führerschein konnte sie machen. Das geht dort erst ab 18Jahren. "Und wer noch keine 21 ist und nach Mitternacht auf der Straße angetroffen wird, den bringt die Polizei nach Hause." Lisa mag das gestört haben, ihre Mutter Roswitha (43) nicht.

Schon als Fünftklässlerin hat Lisa von einem Schuljahr in den USA geträumt. Der fiel dann aber doch etwas anders aus, als sie es sich erträumt hatte. "Im Vergleich zum Unterricht hier, ist es dort lächerlich." Zu ihrem Glück konnte sie in eine anspruchsvollere College-Klasse wechseln, "da hatte ich dann nicht mehr das Gefühl, dass ich viel Unterrichtsstoff verpasse". Ansonsten sei das Niveau der Highschool mit 800 Schülern eher niedrig.

Deutsche Austauschschüler sind in Whitehall selten. Entsprechend groß war die Neugier ihrer Mitschüler: Sprecht ihr Spanisch in Deutschland? Steht die Berliner Mauer noch? Hast du mit Hitler gesprochen? Den größten Bock schoss aber ein Mitschüler ab, der mit einem BMW zur Schule kam und fragte, ob es in Deutschland schon Autos gibt.

Das alles zählt aber nur wenig im Vergleich zu dem, was Lisa an Lebenserfahrung mitgebracht hat: "Man ist froh über das, was man hat. Und man merkt, dass es zu Hause am Schönsten ist." Deshalb rät Lisa jedem, diese Erfahrung selbst zu machen. Und nicht nur, weil ihr Englisch viel besser geworden ist (trotz der nicht zu überhörenden amerikanischen Aussprache): "Das anfängliche Heimweh legt sich wieder" - und nicht jeder kommt nach Ohio.

Das hat sich am Helmholtz-Gymnasium herumgesprochen. Lisa und neun Mitschüler waren im vergangenen Schuljahr in Amerika, mehr als 20 wollen im nächsten Schuljahr fliegen. "Aber mittlerweile ist es schwer, in den USA genug Gastfamilien zu finden", sagt Lisa: "Nach dem 11. September 2001 sind die Kontrollen dort sehr streng geworden."