Langenfeld: Diese Villa könnte viel erzählen

Das herrschaftliche Haus an der Rheindorfer Straße birgt das Schicksal einer jüdischen Familie. Die Villa Berger erhält nun die Baudenkmalplakette.

Langenfeld. Erika Keisinger-Monjau (Jahrgang 1922) kann sich noch erinnern. Mit ihrem Großvater Emil Keisinger war sie als kleines Mädchen zu Gast in der Villa Berger.

"Julius Isaak Berger war ein stattlicher, gut aussehender Mann, seine Frau Berta eine sehr liebe mütterliche Frau."

Die Villa Berger an der Rheindorfer Straße3 ist ein Hingucker - auch wenn das hochherrschaftliche Haus früher dicht mit Efeu bewachsen und noch verwunschener wirkte. Am Donnerstag erhält es die Baudenkmalplakette der Umweltschutz- und Verschönerungsvereins (UVL).

Es ist die 24. Plakette, die auf ein geschichtsträchtiges Gebäude hinweist. Die Villa Berger kann Geschichten erzählen, die heute in Langenfeld kaum noch einer kennt oder kennen will, da die Historie der Villa auch in das dunkle Kapitel der Nazizeit und Judenverfolgung in Langenfeld eingebunden ist.

Der 1858 in Reusrath geborene Kaufmann Julius Isaak Berger ließ die Villa 1906/07 im späthistorischen Stil errichten.

Er lebte dort mit seiner Frau Berta und den Kindern Aenne, Carl, Georg und Hermann mehr als 20 Jahre. Isaak Julius Berger war in den 1880er Jahren an der Fettschmelze Ulmer beteiligt.

Er gründete auch eine Fell- und Häutehandlung. Das war der Grund, warum Erika Keisinger-Monjau mit ihrem Großvater, der mit Fellen handelte, zu Gast bei Bergers war.

Die Familie war hoch angesehen. Isaak Berger zog 1904 als Vertreter der Vereinigten Bürgerlichen Parteien in den Gemeinderat ein. 1912 stand er auf der Liste der Bewerber für das Amt des Ersten Beigeordneten an der dritten Stelle, schreibt Rolf Müller in seinem Buch "Stadtgeschichte Langenfeld".

Berger starb 1930, drei Jahre vor Beginn der Nazizeit. Der Staat raubte der jüdischen Familie Unternehmen und Privatvermögen. "40000 Reichsmark sollen für die Villa gezahlt worden sein", steht auf der Denkmalplakette.

Dieser Betrag musste als "Judensteuer" an das Deutsche Reich abgeführt werden. Familie Berger zog in ein Nebenhäuschen.

Nach der Pogromnacht 1938 ging die Villa in das Eigentum von Ernst Ibach, Prokurist und Schwiegersohn der Unternehmerfamilie Bernhard, über.

Sohn Hermann Berger war schon 1938 nach Uruguay ausgewandert. Seine Schwester Aenne schrieb ihm nach den gezielten Übergriffen der SA-Formationen:

"Unser geliebtes Häuschen ist zweimal in der fürchterlichsten Weise von ganzen Banden überfallen worden. Wie die Bestien ging es durch die Läger ins Haus und dabei wurde alles mit Äxten und Beilen zerstört."

Mutter und drei Kinder flohen nach England und Frankreich. Nur Aenne kehrte nach dem Krieg nach Deutschland zurück. Sie ist auf dem jüdischen Friedhof in Richrath begraben.

Die Villa Berger wurde nach dem Krieg an die Stadt verkauft. Es wurde als Jugend-, Kultur-, Liegenschafts- und Standesamt genutzt. Auch war es Dependance des Amtsgerichtes.

Zuletzt war die Musikschule dort untergebracht. Dann stand die Villa mehr als zwei Jahre leer. Kaufmann Markus Weber fühlte sich vom "Dornröschen-Schlösschen" angezogen.

Kurz bevor die Stadt die Villa versteigern wollte, kaufte er sie, restaurierte alles. Auf dem Boden liegt wieder Parkett. Die Villa wird teilweise als Büro des Software-Unternehmens Weber genutzt.

Das Efeu ist verschwunden, doch durch den Baumbestand bleibt der parkähnliche Charakter erhalten - ein Hingucker von den nahe gelegenen B8.