Publikation in Monheim Buch beleuchtet Nachbarschaft im Berliner Viertel
Monheim · Die Publikation von Nils Wadenpohl erscheint Anfang 2025. Gefördert wird das Projekt vom Land Nordrhein-Westfalen.
Das Buch mit dem Titel „Geschichten aus dem Berliner Viertel“ porträtiert 20 Bewohner unterschiedlichen Alters. Es geht um Nachbarschaft, Heimat und um die Entwicklung des südlichen Ortsteils. Nils Wadenpohl, Koordinator im Mehrgenerationenhaus an der Friedenauer Straße, hat über die sozialen Medien Gesprächspartner gesucht, viele Interviews geführt und die Texte anschließend zusammengefasst. Hobbyfotograf Dieter Hüttenrauch steuerte viele Bilder aus der Anfangszeit des Viertels aus den 1970er Jahren bei. Und auch die Nachbarn stellten für die Publikation Privatfotos zur Verfügung.
Wadenpohl hatte die Idee im Rahmen der Demokratiewerkstatt. Er und seine Mitarbeiter sind regelmäßig auf den Straßen im Berliner Viertel und in der Innenstadt unterwegs, um die Stimmung unter den Bewohnern einzufangen. Sein Fazit: Viele Bewohner sind politisch frustriert, fühlen sich nicht gehört und müssen mit wenig Geld auskommen. Man wolle ihnen eine Stimme geben und habe deshalb auch Debatten über schwierige Themen geführt, beispielsweise den Nahverkehr oder während Corona über die Maskenpflicht. Dabei hat er erfahren, dass die Bewohner im Viertel glaubten, sie könnten die eigene Meinung nicht mehr offen sagen. „Wir haben versucht, sie aus der frustrierten Haltung zu holen und sie zum Mitmachen zu bewegen, beispielsweise nicht nur über den Müll im Viertel zu schimpfen, sondern beim Dreck-weg-Tag selber anzupacken.“
Unter den Menschen aus verschiedenen Generationen, denen das Buch eine Stimme gibt, ist beispielsweise Anita (66). Als Achtjährige ist sie mit ihrer Familie in eines der ersten Häuser an der Tegeler Straße eingezogen. Die Wohnungen waren für damalige Verhältnisse modern und großzügig geschnitten. Doch den neuen Bewohnern im südlichen Stadtteil – von denen viele aus Düsseldorf kamen – brachten die Alteingesessenen eine tief sitzende Skepsis entgegen. In der Schule durften deren Kinder mit den neu zugezogenen „Schmuddelkindern“ nicht spielen. Beim Einkaufen in den kleinen Tante-Emma-Läden wurden die Neuen als letzte bedient. Dass es viel Platz zum Spielen und jede Menge gleichaltrige Nachbarskinder gab, gehört hingegen zu ihren positiven Erinnerungen.
Michael (56) ist im Berliner Viertel aufgewachsen und ihm treu geblieben. Der Monheimer berichtet unter anderem über die hohe Kriminalitätsrate in den 1980er Jahren. Damals sei auf dem Ernst-Reuter-Platz ein reger Drogenhandel betrieben worden. Die Wand gegenüber der früheren Kaufland-Filiale habe im Volksmund „Klagemauer“ geheißen, weil sich die Drogenabhängigen dort oft aufhielten.
Für die 75-jährige Sükriye ist Monheim Heimat geworden. Vor 50 Jahren kam die griechische Türkin nach Deutschland und hat hier ihr ganzes Leben verbracht. „Ich bin Monheimerin“, sagt sie.
Mit den verschiedenen Porträts lasse sich das Leben und die Nachbarschaft im Viertel individuell schildern, sagt Nils Wadenpohl. Früher war das Viertel ein „gepflegter und geschätzter Wohnort“. Mit den Jahren sei das Umfeld anonymer geworden und „die soziale Mischung nicht mehr gegeben“. Noch bis in die 1990er Jahre habe es in den Mehrfamilienhäusern Quoten gegeben, die besagten, dass dort höchstens zwei ausländische Familien wohnen sollten. Inzwischen sei das Umfeld „sehr homogen“. Das sei kein guter Ansatz mehr für eine Durchmischung und Integration, findet der Koordinator.
Jetzt ist das Buch fertig. 175 Seiten sind entstanden und werden gerade Korrektur gelesen. „Im Dezember wird es gedruckt, und ab Januar kommt es zum Selbstkostenpreis für drei bis fünf Euro auf den Markt“, freut sich Nils Wadenpohl. 500 Exemplare sind dann in der Bücherstube Rossbach an der Alten Schulstraße zu erwerben. Sind die verkauft, werden die „Geschichten aus dem Berliner Viertel“ kostenlos als E-Book zur Verfügung gestellt. Die PDF gibt es dann unter www.demokratiewerkstatt-berlinerviertel.de. Das Land NRW fördert das Projekt mit 2000 Euro.