Betrügerbande steht vor Gericht

Prozess in Wuppertal: Eine 75-jährige Erkratherin wurde von Betrügern genötigt, ihre gesamten Ersparnisse auszuhändigen.

Betrügerbande steht vor Gericht
Foto: Maguire

Erkrath/Wuppertal. Derzeit müssen sich sechs Mitglieder einer Großfamilie wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs vor der 1. Großen Strafkammer des Wuppertaler Landgerichts verantworten.

Bundesweit sollen 260 000 Euro erbeutet worden sein. In 39 Fällen waren die mutmaßlichen Täter offenbar mit der „Masche“ erfolgreich, sich am Telefon als Mitarbeiter einer Bank auszugeben und vor Falschgeld auf dem Konto zu warnen. Das sollten die gutgläubigen Opfer den gleich an der Türe schellenden „Polizeibeamten“ zur vermeintlichen Kontrolle übergeben.

Wer kein Bargeld hatte, dem wurde noch großzügig ein Taxi für die Anreise zur Bank gerufen. Und denjenigen, die in Furcht um ihr Erspartes über Herzrasen und Angst klagten, wurde per Telefon der „hilfreiche Kriminalbeamte an der Haustür“ in Aussicht gestellt, der sich um Geld und menschliche Nöte kümmern werde. Zuvor hatte man bei den gutgläubigen Opfern noch Kontodaten und PIN-Nummern für die EC-Karte abgefragt.

Zu den Geschädigten gehört auch eine Seniorin aus Erkrath, die gestern als Zeugin geladen war. Für die 75-Jährige dürfte es eine Zumutung gewesen sein, sich den Ablauf des Geschehens im Beisein der Täter nochmals zu vergegenwärtigen. Sie habe damals einen Anruf von jemandem bekommen, der sich als Mitarbeiter ihrer Bank ausgegeben habe. Der habe sie davon in Kenntnis gesetzt, dass der bankinterne Computer abgestürzt sei und man nun die Bankdaten brauche. Außerdem wurde sie nach Bargeld gefragt und habe die Nummern der Geldscheine einzeln vorlesen sollen. Danach wurde am Telefon der Besuch der Kriminalpolizei angekündigt, um die Geldscheine zu fotografieren. Als es kurz darauf an der Türe geklingelt und sie diese geöffnet habe, wären die Täter sofort in die Wohnung gelaufen und hätten sie dermaßen eingeschüchtert, dass sie dann auch noch ihre Ersparnisse aus dem Schrank geholt habe. „Am Anfang konnte ich mit niemandem darüber sprechen“, erinnerte sich die Seniorin gestern an die Tage nach dem Vorfall im Sommer 2015. Sie habe sich vor ihrer Familie geschämt, auf die Masche der Täter reingefallen zu sein.

Für die wiederum schien der gestrige Verhandlungstag zwischenzeitlich durchaus Unterhaltungswert gehabt zu haben. Immer wieder gab es offenbar etwas zu lachen und derjenige der sechs Angeklagten, der damals bei der Dame aus Erkrath die EC-Karte eingesteckt hatte, um kurz darauf 1000 Euro vom Konto abzuheben, rang sich zu einer öffentlichen Entschuldigung durch. „Es tut mir sehr leid und ich werde dafür bestraft. Wenn ich wieder draußen bin aus dem Gefängnis, gebe ich ihnen das Geld zurück“, ließ er sein Opfer wissen. Eine weitere Geschädigte aus Velbert, die ebenfalls in den Zeugenstand geladen war, musste dem Verfahren aus gesundheitlichen Gründen fernbleiben. Stattdessen schilderte ein Kriminalbeamter aus Mettmann, der damals die Zeugenvernehmung vorgenommen hatte, den psychisch labilen Zustand der Frau. Nach dem Überfall habe sie sich nicht mehr aus dem Haus gewagt. Immer dann, wenn das Wort „Polizeibeamter“ gefallen sei, habe die Frau gezittert und verstört reagiert. Offenbar war das Opfer traumatisiert, da sich auch die Täter an der Haustüre als Polizeibeamte ausgegeben hatten.

„Ich habe schon häufiger Senioren befragt, die Opfer eines Enkeltricks wurden. Jemanden in einem solchen Zustand habe ich allerdings noch nicht erlebt“, erinnert sich der Kripobeamte. Im Verhandlungsverlauf sollen nun noch weitere Geschädigte in überwiegend hohem Seniorenalter gehört werden. Um ihnen Belastungen zu ersparen, sollen sie per Videokonferenz gehört werden.