Ein Mann – vier Kreuze

Christian Rath hat zwei Wahl- Benachrichtigungen erhalten: Eine aus Erkrath und eine aus Düsseldorf.

Erkrath. Für Christian Rath ist es mittlerweile zur Routine geworden, seine Wahlbenachrichtigung wegzuwerfen. Er hat ja schließlich noch eine zweite. Zur Europa-, Kommunal- und auch jetzt zur Bundestagswahl hat Rath zwei Zettel bekommen, die ihn zur Stimmabgabe berechtigen. Einen von der Stadt Erkrath und einen aus Düsseldorf.

Rein theoretisch hätte er seine Stimme also jeweils doppelt abgeben können. "Ich habe natürlich nicht zweimal gewählt, sondern die Wahlbenachrichtigung aus Erkrath vernichtet", sagt der studierte Betriebswirt. Schließlich ist eine zweifache Stimmabgabe keine Lappalie, sondern Wahlmanipulation - eine Straftat, die mit Freiheitsentzug geahndet werden kann (siehe Kasten).

Sylke Sackermann, als Leiterin des Ordnungsamts auch für Wahlen zuständig

Der 27-Jährige hat im Sommer 2008 sein Erkrather Elternhaus verlassen und lebt nun in Düsseldorf-Eller. Dort hat er sich auch ordnungsgemäß angemeldet. Normalerweise werden die Daten der Einwohnermeldeämter auf elektronischem Wege aktualisiert. Ein entsprechendes Verfahren, das eine Abmeldung am alten Wohnsitz überflüssig macht, wurde Anfang 2007 eingeführt.

"Ich kann nicht sagen, wie und warum es passiert ist, aber Herr Rath ist in unserem Verzeichnis nicht gelöscht worden. Die Rückmeldung aus Düsseldorf ist nicht angekommen", sagt Sylke Sackermann, Leiterin des Erkrather Ordnungsamts.

Nach der Anfrage der WZ haben die Mitarbeiter des Erkrather Amtes Christian Rath nachträglich aus dem Wählerverzeichnis gestrichen. "Das ist zum Glück ein Einzelfall. Zumindest ist uns kein weiterer bekannt", sagt Sackermann.

Hätte Rath zweimal gewählt, wäre das Wahlergebnis anfechtbar gewesen. "Jeder Wähler, Kandidaten und die Aufsichtsbehörden können das Endergebnis einer Wahl anzweifeln", erklärt Carola Holzberg, Sprecherin des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen. Danach müsse in einem Wahlprüfungsverfahren untersucht werden, ob eventuelle Unregelmäßigkeiten den Wahlausgang erheblich beeinflusst haben könnten.

Beim gebürtigen Erkrather Rath hat das Wirrwarr um seine Wahlberechtigung für Verunsicherung gesorgt: "Ich finde das bedenklich, da dies bei 62 Millionen Wählern wahrscheinlich schon öfter passiert und Wahlen auch sehr knapp und dann gegebenenfalls dadurch entschieden werden könnten."

Ministeriumssprecherin Holzberg versucht diese Befürchtung aus der Welt zu schaffen. Die Zahl solcher Fehler bei den Wahlen sei verschwindend gering. "Es gibt nicht einmal eine Statistik darüber."

In Erkrath versucht Amtsleiterin Sackermann mit ihrem Team, alle möglichen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl zu vermeiden. "Seit der Kommunalwahl verteilen wir zum Beispiel die Wahlbenachrichtigungen selbst, um Fehler bei der Zustellung zu verhindern." Im Fall von Christian Rath nutzte das nichts. Zumindest bislang nicht.