Ein Mettmanner im Himalaya

Thomas Küpper ist Reisemediziner – und ein Mensch der Extreme.

Mettmann. "Das wird eine ziemlich harte Tour." Wenn Dr. Thomas Küpper (48) sein Laptop hochfährt, taucht der 3905 Meter hohe Piz Palü als Hintergrundbild auf. Der Zeigefinger des Mediziners fährt langsam den Berg hinauf. "Hier muss man sich beeilen. Das ist eine Passage, an der es viel Steinschlag gibt."

Im Sommer wird der Arzt aus Mettmann den schwierigsten Aufstieg auf den Piz Palü in den Bernina-Alpen, auf der Grenze zwischen der Schweiz und Italien, wählen. Und er freut sich schon auf die alpine Herausforderung, für die er erst einmal Bergsteiger finden musste, die mit ihm die Tour wagen wollten. Für die letzten 1000 Höhenmeter wird er mit seiner Seilschaft acht Stunden brauchen.

Der Mann, der in Metzkausen groß geworden ist, nach der Grundschule an der Spessartstraße am Heinrich-Heine-Gymnasium Abitur machte, ist ein Mensch der Extreme. Er stand auf vielen Bergspitzen in den Alpen. 49 Viertausender hat er schon bezwungen, war auf dem Kilimandscharo und im Himalaya.

Aber nicht nur privat, auch beruflich sucht der Arzt Herausforderungen. Küpper hat sechs Jahre bei der alpinen Luftrettung in Zermatt (Schweiz) gearbeitet und verunglückte Bergsteiger und Skifahrer gerettet. Er war Expeditionsarzt in arktischen Gebieten und beschäftigt sich wissenschaftlich mit präventivmedizinischen Fragestellungen zum Thema "Höhenaufenthalt".

An der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen ist er am Institut für Arbeitsmedizin Dozent für Sport-, Flug- und Reisemedizin. Dort ist er außerdem Wissenschaftlicher Leiter beim Aufbau eines Höhenzentrums (Hypoxie). In Düsseldorf arbeitet er in einer Praxis für reisemedizinische Beratung. Aktivurlaub ist im Trend: Tauchen, Segeln, Wandern, Trekking oder Bergsteigen.

"Dabei exportiert eine zunehmend ältere, jedoch zunehmend mobile und glücklicherweise aktive Gesellschaft ihr individuelles Gesundheitsrisiko in entfernte Regionen der Welt, in Gegenden mit minimaler Infrastruktur", sagt Dr. Küpper. Daher hat er mit Kollegen der RWTH das Qualitätsprofil "Sport-, Flug- und Reisemedizin" etabliert, ein einzigartiges Lehrangebot in der europäischen Hochschullandschaft.

Als Dozent geht der Arzt auch didaktisch neue Wege. Seine Seminare gibt er oft außerhalb des Hörsaals in der Natur. "Das Problem für beratende Ärzte ist, dass wir zwar die Hygiene und Reiseimpfungen gut im Griff haben. Wir wissen aber noch recht wenig über Risikogruppen, Menschen, die mit Vorerkrankungen Sport treiben und reisen."

Und da es Fragen gibt, die nur im Gelände beantwortet werden können, hat der Arzt im Vorjahr sogar eine Studentenexpedition in die Annapurna-Region im Himalaya geleitet. Die Studenten beschäftigten sich in mehr als 5000 Metern Höhe mit Notfällen und Notfallmanagement beim Trekking sowie zahnmedizinischen Themen.

Während sich früher in der Reisemedizin alles um Impfungen drehte, stehen heute andere Themen im Mittelpunkt. Wenn ihn Menschen, die nach Namibia fahren wollen fragen, ob es dort Giftschlangen gibt, sagt ihnen Dr.Küpper, dass noch kein Tourist an einem Schlangenbiss gestorben ist. "Aber auf den Straßen stirbt jeden Tag ein Urlauber."

Er klärt auch jungen Frauen, die ein freiwilliges soziales Jahr in Südamerika leisten wollen, darüber auf, dass sie ein hohes Vergewaltigungsrisiko eingehen. "Wir müssen Aufklärung betreiben, damit die Menschen nicht in solche Risiken reinlaufen." Dass Reiseanbieter eine Kilimandscharo-Besteigung in vier Tagen versprechen, ärgert ihn.

Er selbst hat den höchsten Berg Afrikas in sechs Tagen bestiegen. "Und wenn die Leute die letzten Meter nicht mehr schaffen, sagen sie, dass sie für den Berg nicht fit genug waren. Das ist Quatsch. Selbst der Fitteste muss sich akklimatisieren, sonst wird er höhenkrank und schafft es nicht." Der Mediziner in Trekkingschuhen, Jeans und Funktionsjacke macht einen durchtrainierten Eindruck, wirkt topfit - so, als könnte er gleich morgen aufbrechen, um den Piz Palü zu besteigen.