Gruiten: Kleine Puschen zur Begrüßung

Pfarrer Hanno Nell heißt neue Erdenbürger mit gestrickten Schühchen willkommen. Zu den Stricknadel greift aber nicht er, sondern Waldtraud Müller.

Gruiten. Wenn der Storch wieder einmal ein Baby nach Gruiten bringt, dann steht Pfarrer Hanno Nell von der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde mit einem ganz besonderen Geschenk bereit, um das Neugeborene zu begrüßen.

Mit selbstgestrickten Puschen heißt er die neuen Erdenbürger willkommen. Zur Stricknadel greift aber nicht der Pfarrer selbst, sondern Gemeindemitglied Waltraud Müller.

Rund ein Dutzend von den zuckersüßen kleinen Schühchen hat Waltraud Müller bisher für die Babys der Gemeinde gestrickt. Erster Träger der kleinen Puschen: Pfarrer Nells Sohn Christoph. Als er vor 16 Monaten das Licht der Welt erblickte, hat Müller ihm ein Paar der creme-weißen Schleifenschuhe geschenkt. "Früher habe ich sie immer privat an die Neugeborenen in der Familie, von Freunden und Kolleginnen verschenkt", erzählt die 67-Jährige.

Dass sich der Pfarrer so sehr über das erste Schuhwerk seines Sohnes freute, dass er Waltraud Müller direkt fragte, ob sie nicht in Zukunft für alle Neugeborenen stricken könnte - sozusagen als Begrüßungsgeschenk der Gemeinde - damit hatte die Rentnerin nicht gerechnet. Viel Überredungskunst musste der Pfarrer jedoch nicht aufbringen.

"Ich schenke einfach gerne. Wenn die Leute dann glänzende Augen bekommen und sich freuen, dann ist das für mich ganz toll", sagt Waltraud Müller.

Zwei bis drei Abende strickt sie an einem Paar Puschen. Anfangs gab es die kleinen Treter auch in blau, dann haben sich die Weißen durchgesetzt. "Sie sind ja waschbar", sagt die Rentnerin lachend. Und die weiße Wolle macht nicht nur schön warme Babyfüße, sondern passt auch ganz toll zum Taufkleidchen. "Das ein oder andere Baby hatte sie schon bei der Taufe an", freut sich Pfarrer Nell.

Stricken ist nur eines von vielen Hobbies der rüstigen Rentnerin. Auf mehr als 40 Jahre Erfahrung mit der Nadel kann sie zurückgreifen. "Angefangen habe ich, als meine beiden Kinder klein waren. Da gab es nicht so süße Kindersachen wie heute", erinnert sie sich. Vor allem waren die Strampler immer viel zu lang. Damit sie nicht an der Füßen schlabberten, kamen einfach Puschen drüber.

Jetzt sind die Kinder erwachsen und die Enkelkinder an der Reihe. Und nicht nur die, denn: Dass Waltraud Müller mit Wolle und Nadel flott unterwegs ist, hat auch die fünfjährige Tochter von Pfarrer Nell mitbekommen. "Kannst du auch lila?", soll Miriam gefragt haben, als die 67-Jährige ihr selbstgestrickte Socken angeboten hatte. Aber Sonderwünsche sind für Waltraud Müller kein Problem: "Klar kann ich lila!"

Seit mehr als 40 Jahren lebt Waltraud Müller mit ihrem Mann in Gruiten. Nach 23 Jahren Berufstätigkeit in der Mettmanner Verwaltung hat sie jetzt mehr Zeit, sich ihren Hobbies zu widmen und zu reisen. Doch wenn der Pfarrer ihre Hilfe braucht, kann sie nicht nein sagen.

"Wir freuen uns hier so, dass wie ihn haben. Da unterstützen wir ihn, wo wir können." Also strickt sie nicht nur für Neugeborene, sondern kocht auch schon mal Gelee mit Äpfeln aus Pfarrers Garten für den guten Zweck und will sich im Eine-Welt-Laden engagieren. Ihre selbst gemachten Dinge zu verkaufen statt zu verschenken kommt ihr gar nicht in den Sinn. "Es gibt einfach Dinge, die muss man verschenken!" Dazu gehören eben auch die Puschen für Neugeborene.