Haan: Ausgesetzt - Ein Kaninchen vor der Pfarrerstür

Kirche: Immer wieder klingeln Menschen bei den Geistlichen in Haan und bitten um Hilfe.

<strong>Haan. Als Christian Dörr an einem kalten Herbstabend vor die Türe tritt, um den Müll hinaus zu bringen, traut er seinen Augen nicht: Vor den Füßen des Pastors der evangelischen Kirchengemeinde Haan liegt ein Bündel. Als er näher hinschaut, stellt er fest, dass es sich um ein kleines Tier handelt, ein Zwergkaninchen. Schnell wird Nicole Froemer vom Tierschutzverein herbeigeholt, die sich um den Hoppler kümmert. Wieder einmal ist engagierte Nächstenliebe gefragt, wie sie viele Mitbürger oft bei Pastoren suchen.

Wenn das Geld am Ende des Monats knapp wird . . .

Von wem sonst sollte man uneigennützige Hilfe erwarten, schließlich wird sie von den Kirchenmännern beständig gepredigt? Daher kommt es immer wieder vor, dass Hilfesuchende an den Türen der Pfarrhäuser klingeln. Bei Christian Dörr geschieht dies relativ selten: "Unser Haus ist noch nicht lange Pfarrhaus." Für Bernhard Seither von der katholischen Gemeinde ist das zum Alltag: "Nahezu jeden Tag melden sich Menschen, die Hilfe brauchen."

Selten sind es Obdachlose: "Es sind Menschen, bei denen das Geld am Ende des Monats nicht mehr reicht, und denen wir mit Lebensmittelgutscheinen aushelfen." Obwohl er erst seit einem halben Jahr in Haan als Pfarrer tätig ist, hat er schon einen besonderen Fall erlebt: "Zu uns kam ein Mann aus Hannover, der über das Arbeitsamt eine Stelle in Haan vermittelt bekommen hatte. Weil er noch keine Wohnung hatte, schlief er zwei Nächte im Apartment der Gemeinde, in dem sonst Priester, die zu Besuch sind, untergebracht werden."

Von einem besonderen Fall der Wohnungssuche kann auch Karl August Vedder, der 35 Jahre Pastor in Haan war, berichten: "Nach einem Gottesdienst blieb ein Mann in der Kirche sitzen, der nicht gehen wollte." Schließlich fragte er den Pastor, ob er ihn nach Hause fahren könne. "Wir sind eine ganze Zeit durch Solingen gefahren, ich weiß nicht mehr, durch wie viele Stadtteile. Schließlich stieg der Mann an einer Kneipe aus."

Auch der Hanno Nell, Pfarrer der evangelisch-reformierten Gemeinde in Gruiten, musste schon Unterkunftsprobleme lösen: Einmal war es eine Pfadfindergruppe, die im Garten des Pfarrhauses ihr Zelt aufschlugen. Ein anderes Mal campierte ein Obdachloser zwei Nächte an der Düssel. Er bedankte sich mit handwerklichem Geschick für die Gastfreundschaft und umzäunte die Wiese des Nell’schen Gartens.

"Ansonsten ist es im Dorf sicherlich etwas ruhiger als in der Stadt", vermutet Nell. Trotzdem werden auch vom Gruitener Gemeindeamt regelmäßig Essensgutscheine verteilt. Finanziert werden sie aus den Mitteln der Diakonie. Vor allem aber helfen hier großzügige Spenden eines Gemeindemitgliedes.

Aber: "Vielen Leuten muss nachhaltiger geholfen werden", sagt Christian Dörr. Deshalb rät er zu einem Besuch bei Anke Holbeck-Gebel, die in der evangelischen Gemeinde für die Diakonie zuständig ist.