„Jedes Buch kann eine Lebenshilfe für den Alltag sein“
Der ehemalige Schulleiter des HHG, Hajo Buch, ist ein Vielleser. Von Literatur lässt er sich gerne für sein Leben inspirieren.
Mettmann. Können Bücher heilsam sein? Kann man einem Schriftsteller so verfallen, dass man darüber die Alltagswirren vergisst? Und geläutert aufschaut, wenn man sein Werk beiseite legt? „Ja, man kann…“, ist sich Dr. Hajo Buch sicher.
Gerade erst hat der ehemalige Schulleiter des Heinrich-Heine-Gymnasiums in der Stadtbibliothek aus den literarischen Hinterlassenschaften des Matthias Claudius gelesen. Der Lyriker wiederum ließ in einem seiner Gedichte den Tod als Freund daherkommen, um damit die Ängste eines Mädchens vor dem Sterben zu vertreiben.
Mit derartigen Wegweisungen steht Claudius bei weitem nicht allein da. So pries beispielsweise Erich Kästner in seiner „Lyrischen Hausapotheke“ die Vorzüge des Lesens bei der Gesundung der Seele: „Was soll einer nehmen, den die trostlose Einsamkeit des grau möblierten Zimmers quält? Zu welchen Rezepten soll der greifen, den der Würgegriff der Eifersucht gepackt hat? Womit soll ein Lebensüberdrüssiger gurgeln?“ stellte der Literat Fragen in den Raum, um sie sogleich selbst zu beantworten, indem er für besagtes Leid die Lektüre von Büchern empfiehlt. Auch Hajo Buch weiß: „Jedes Buch kann eine Lebenshilfe sein.“
Was sich zwischen zwei Buchdeckeln verbirgt, ist nicht selten eine Wegweisung zum Umgang mit Alltagswirren. Dass wir damit nicht allein dastehen, sondern sie mit Anderen teilen ist eine Erkenntnis, die einem beim Lesen des Öfteren zuteil wird. Nicht unbedingt nur inmitten der mannigfaltigen Ratgeberliteratur, sondern auch und vor allem in Romanen.
Hesse, Böll, Ortheil: Sie alle können zum Begleiter aufgewühlter Seelen werden, um am Ende ihrer Lektüre wieder in ruhigeres Fahrwasser zu gelangen. „Ich schlage auch gern bei den alten Dichtern nach. Sie erheitern mich und gelegentlich machen sie mich auch nachdenklich“, gesteht Hajo Buch. Auch die Bibel nehme er als Christ immer wieder zur Hand. Gerade allerdings sei es die Frage nach den Gründen, die Deutschlands Monarchen aus der Geschichte fallen ließen, die ihn erheitert. Macht doch euern Dreck alleene! — so der Titel des Werkes, das durchaus heitere Untertöne verspricht. Dagegen gibt es ein gewisses Genre, von dem der Vielleser Hajo Buch nicht allzu viel hält: „Wenn einer sagt: Ich bin schon 23, jetzt schreibe ich mal meine Autobiografie — dann habe ich da so meine Zweifel..“
Beinahe 40 Jahre hat Hajo Buch als Deutschlehrer die ihm anvertrauten Schüler — wie er selbst sagt — mit Büchern bepflastert. Damals wurde im Unterricht auch noch Goethes „Werther“ gelesen, in dem der junge Protagonist seiner Verzweiflung entrinnt, indem er den Freitod wählt. Keine leichte Lektüre für schwere Stunden sensibler Gemüter, bei der auch Hajo Buch überlegen muss, ob er sie jedem zu jeder Zeit an Herz legen würde.
Zuweilen in Büchern zu versinken, kann er dennoch sehr empfehlen. Er selbst sitzt oft in den Lesesesseln der Mettmanner Buchhändler, um sich durch literarische Welten zu blättern. Und das gelegentlich sogar in bester Gesellschaft mit anderen Viellesern — von denen so mancher die klassische Atmosphäre in Buchläden und Kaffeehäusern schätzen dürfte, in denen man auch wunderbar miteinander ins Gespräch kommen kann. Womöglich findet sich dort gar ein Freund, der nicht weniger heilsam sein kann als ein Buch.
“ Zum Weiterlesen: A. Gerk, Lesen als Medizin, Rogner und Bernhard, 22,95 Euro und E. Berthoud, Die Romantherapie, Insel Verlag, 10 Euro