Van Venrooy zieht zurück – jetzt wagt es der Chef selbst

Edeltraud van Venrooy tritt aus familiären Gründen doch nicht wieder an.

Erkrath. Edeltraud van Venrooy wird nicht erneut für die SPD im Juni 2009 als Bürgermeisterkandidatin in den Kommunalwahlkampf ziehen. Das teilte die Finanzexpertin den Genossen auf einer Mitgliederversammlung am Mittwochabend mit.

Grund ist dien Erkrankung eines Familienmitglieds, um das sich van Venrooy intensiv kümmern möchte - ein Vorhaben, das sich nicht mit einer Kandidatur vereinbaren ließe, die jede Menge Zeit erfordert. Ohne diesen familiären Einschnitt hätte sie es gerne gemacht, sagte die Frau, die 2004 nur knapp gegen Amtsinhaber Arno Werner unterlag, gestern im Gespräch mit der WZ.

Bürgermeister Arno Werner

"Die SPD nahm Frau van Venrooys Erklärung mit großem Bedauern zur Kenntnis. Die SPD akzeptiert die Entscheidung", kommentierte Stadtverbandsvorsitzender Volker Teich die überraschende Nachricht. Die Parteigremien würden unverzüglich das weitere Vorgehen beraten "und die Öffentlichkeit darüber unterrichten".

Was Teich nicht sagt, steht in einer E-Mail, die noch in der Nacht auf gestern vom PC des Fraktionsvorsitzenden Detlef Ehlert an einige wenige Parteifreunde verschickt wurde. Der Inhalt ist hoch brisant: Darin kündigt der 48-Jährige nämlich an, "mit heißem Herzen und wachem Verstand" dafür kämpfen zu wollen, dass "der Mehltau, der von Werner und seiner CDU/FDP-Mehrheit ausgebreitet über unserer Stadt liegt, hinweg gelüftet wird". Wer solche Sätze formuliert, scheint sich längst entschieden zu haben, Amtsinhaber Arno Werner den Fehdehandschuh hinwerfen zu wollen.

Offiziell bittet Ehlert in der Mail die "liebe Genossin und den lieben Genossen" um Verständnis dafür, dass er seine Entscheidung davon abhängig machen will, ob die SPD seine Kandidatur auch wolle, "und dass ich von meiner bisherigen Lebensplanung, 2010 für den Landtag kandidieren zu wollen, nicht abweichen will, wenn eine etwaige Bürgermeisterwahl ,daneben’ gehen sollte". Von der WZ auf den Inhalt der Mail angesprochen, sagte Ehlert, "dass eine Kandidatur denkbar ist".

Als die Planungen noch auf van Venrooy abgestimmt waren, sollte ihr Name offiziell im November als Bürgermeisterkandidatin genannt werden. Dieser Zeitplan ist jetzt hinfällig, da jeder andere Kandidat mehr Zeit benötigt, um sich bekannt zu machen. "Jetzt machen wir das vielleicht etwas früher", so Ehlert.

Kommentar
von Arnulf Ramcke

Der Verzicht von van Venrooy ist eine Überraschung, diewahrscheinliche Kandidatur von Detlef Ehlert um das Bürgermeisteramteine Sensation.

Es ist ja kein Zufall, dass Ehlert bei den vergangenen zweiKommunalwahlen beim Kampf ums Rathaus nicht angetreten ist, sondernHeribert Schiefer und Edeltraud van Venrooy ins Feuer gehen ließ.

Ehlert ist ein kluger Kopf mit brillantem Fachwissen, aber er istkein Menschenfischer. In den vielen Jahren seiner politischen Arbeithat er immer wieder Leute mit seiner dogmatisch-arroganten Artverprellt.

Wobei Bürgernähe auch kein herausragendes Merkmal von AmtsinhaberArno Werner ist. Beide Kandidaten werden in dieser Kategorie keinenKampf auf höchstem Niveau bieten.

Die SPD-Mitglieder wissen um die Schwäche ihres Vorturners. Wenn sietrotzdem bereit sind, es mit ihm zu wagen, ist diese Entscheidung auchIndiz für einen Mangel an Fachpersonal. Denn eines ist doch klar:Ehlert ist nicht erste Wahl, sondern die Lösung nach van Venrooy.

Da ist er allerdings die einzig denkbare, wenn die Sozialdemokratenbei der Vergabe des Bürgermeisterbüros überhaupt ein Wort mitredenwollen. Fachlich wird er mit Arno Werner auf Augenhöhe fechten,rhetorisch dürfte Ehlert Pluspunkte sammeln.

Damit hat er bis zur Wahl neun Monate Zeit, Bürgernähe zu erlernen,die authentisch ankommt, und er kann eine Strategie entwickeln, dieerklärt, dass er in der Lage ist, ein mittelständisches Unternehmen wiedie Stadtverwaltung mit 600 Mitarbeitern zu führen.

arnulf.ramcke@westdeutsche-zeitung.de