Von Koketterie und Prüderie

Das Erkrather Theater Nero brillierte im Gesellschaft Verein zu Mettmann mit Molières „Die gelehrten Frauen“.

Mettmann. "Im Hinterkopf der Frau ist Wissen schön, doch soll sie damit nicht lauthals hausieren gehen." Molière selbst hat "Les Femmes savantes" ("Die gelehrten Frauen") zu seinen Lieblingsstücken gezählt. Thema der Vers-Komödie ist die Launenhaftigkeit preziöser Damen, ihre Koketterie und Prüderie, letztlich aber auch die Emanzipation der Frauen.

Zu sehen war das grandiose Stück aus dem Jahr 1672 jetzt in der Inszenierung der Erkrather Theatergruppe Nero bei der Gesellschaft Verein zu Mettmann. Und in dem mit Kerzenlicht illuminierten Ballsaal, in dem das Publikum auf mit roten Hussen bezogenen Stühlen Platz genommen hatte, erging man sich in wohligem Genuss.

Lars Lienen, auf der Bühne als Dichter Trissotin zu sehen, hat aus dem Klassiker eine kurzweilige Boulevardgeschichte gemacht. "Der Spott aus Deinem Spatzenhirn berührt mich nicht", keift Armande ihre kleine Schwester Henriette an.

Tatsächlich sind beide recht unterschiedlich: Wie ihre Mutter Philaminte und die überkandidelte, mit mega-violetter Taftschleife geschmückte Tante Belise ist Armande durch und durch vergeistigt ("Mit Griechisch kommt man nie zur falschen Zeit", "Der Geist der Frauen muss raus aus seinen Kinderschuhen"). Schwester Henriette, Vater Chrysale, dessen Schwester Ariste und Hausmädchen Martine hingegen sind eher ländlich-sittlich, also bodenständig.

Alles wäre zwischen den so unterschiedlich geistig bestückten Menschen gut, wollte Henriette nicht Clitandre heiraten. Aber erstens hatte der ein platonisches Verhältnis mit Armande, zweitens strebt Mutter Philaminte nach Höherem und möchte ihre Jüngste mit dem Salondichter Trissotin verheiraten. Konflikte sind vorgezeichnet und Konfigurationen abzusehen.

Natürlich gibt es allerlei Haarsträubendes im Stück. "Ein Mann soll seine Frau schlagen", ist eine davon. "Ihr sollt die Wissenschaft den Männern überlassen. Eine Frau weiß genug, wenn sie Hemd von Hose unterscheiden kann", eine andere wohl zur Zeit Molières und seines Gönners Ludwig XIV. übliche Einstellung.

Doch das psychologisch differenzierte, zeitlose Bild, das der vor mehr als 300 Jahren verstorbene Franzose zeichnet, ist im Hier und Jetzt absolut stimmig. Seine ironisch-distanzierte Herangehensweise an die Rolle der Frau und ihre daraus resultierenden geschlechtsspezifischen Aufgaben ist schlicht famos.

Textsicher, wenngleich oft ungelenk, spielte sich das Ensemble durch die einzelnen Akte. Bei Kulisse und Kostüm gab es genau drei Farben: Schwarz, Weiß und Violett, was eine ganz eigene Atmosphäre schuf. Dass es nach jeder Szene gefälligen Applaus gab, lag sicher mit daran, dass diese zeitlose Komödie auch quer zu den gefräßigen Mainstream-Ideen liegt, die sich selbst ernannte Comedians heutzutage einfallen lassen.