Ratingen ist fahrradfreundlich

Nach einem Ortstermin wollen Experten dem Land nun vorschlagen, die Stadt mit dem begehrten Titel auszuzeichnen.

Ratingen. Für Carsten Knoch war es noch nicht der Ritterschlag, aber schon eine „kleine Genugtuung“ für fünf Jahre Arbeit: Ratingen darf sich bald ganz offiziell „fahrradfreundliche Stadt“ nennen. Die Auswahlkommission der „Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte in NRW“ (AGFS) will dem Landesverkehrsminister nach einer Begutachtung vorschlagen, Ratingen in die AGFS aufzunehmen. Die ist dann im Grunde reine Formsache.

Von den Regenschauern ließ sich die mehrköpfige Kommission nicht abschrecken, als sie sich am Vormittag an der Radstation auf die Räder schwang, um ihre Tour durch Ratingen zu machen. So lobte der Fahrradexperte der Landesregierung, Peter London, die vielen positiven Ansätze und Entwicklungen für Radler in Ratingen. Zentrales Merkmal sei der Masterplan: „klare Ziele, ein klasse Konzept“. Ein Extralob gab es für die Fahrradstation am Ostbahnhof mit ihrem hervorragenden Service (Vermietung, Bewachung, Reparatur).

Aufgefallen sind der Kommission die „vielen Markierungen“. Tatsächlich wird nach einer Fahrbahnerneuerung häufig ein Radweg oder Schutzstreifen markiert. London: „Ratingen ist da schon sehr weit.“ Als „Vorreiter“ lobte die Kommission, dass zügig Schilder abgebaut werden, um die Nutzungspflicht ungeeigneter Radwege aufzuheben. Das neue Gesetz werde konsequent umgesetzt.

Auch bei der Öffnung von Einbahnstraßen in Gegenrichtung habe Ratingen seine Hausaufgaben gemacht. Weitere Pluspunkte sahen die Experten darin, dass sich der Fahrradbeauftragte intensiv mit Unfallanalysen befasse und auch regelmäßig an interkommunalen Fachkonferenzen zum Thema Radverkehr teilnehme — „das zahlt sich aus.“

Das Thema Fahrrad auf der städtischen Internetseite, die Routen für Inliner, Mountainbiker und Jogger sowie das Bemühen um Radschnellwege seien weitere Steine im Brett.

Aber es gab auch Kritik: So gebe es noch zu viele Umlaufsperren (Drängelgitter) und andere Hindernisse für Radler. Als „unhaltbar“ bezeichnete London die Situation an der Ecke Düsseldorfer/Sandstraße: „Da ist eine dicke Nuss zu knacken.“

Ein großes Problem seien auch die Straßen in Baulast des Landes, gab London zu. „Hier müssten wir selbst mehr Druck machen“, damit Straßen-NRW sich besser um die Radwege an Landes- und Bundesstraßen kümmere. Besonders durch Sträucher und Bäume zugewachsene Radwege sorgen regelmäßig für Verdruss bei den Nutzern.

Bürgermeister Harald Birkenkamp freute sich über die anstehende Aufnahme in den Kreis fahrradfreundlicher Kommunen, wies aber darauf hin, dass es künftig durch die millionenschwere Solidarumlage finanziell noch schwieriger werden könnte, die Aufgaben zu stemmen. Von 2007 bis 2011 hat die Stadt mehr als eine dreiviertel Million Euro für Radverkehrsmaßnahmen investiert. Gleichwohl sieht Birkenkamp Fahrradfreundlichkeit als einen nicht zu unterschätzenden Standortfaktor an.