Wenn Mama immer traurig ist

Kinder von psychisch Kranken leiden mit ihren Eltern. Gesucht werden jetzt Paten, die etwas mit ihnen unternehmen.

Ratingen. Depressionen, Angststörungen, Schizophrenie, Persönlichkeitsstörungen — diese Krankheiten machen auch vor Vätern und Müttern nicht Halt. Doch haben sie bei diesem Personenkreis noch eine Vielzahl von „Nebenwirkungen“ — vor allem für die Kinder. Die sind, wenn sie mit psychisch kranken Eltern zusammenleben, im Alltag besonders belastet. Und sie tragen ein viel höheres Risiko, selbst solche psychischen Erkrankungen zu bekommen. Um diesen Kindern zu helfen, sucht die Diakonie in einem Pilotprojekt Patenfamilien.

In dem Vorhaben „Patenfamilie“, das zu einem großen Teil mit Geld aus der „Glücksspirale“ finanziert wird, gehe es darum, ein neues soziales Hilfssystem zu schaffen, um sowohl die Kinder als auch die Eltern zu entlasten, sagt Ingrid Esken, Abteilungsleiterin bei der Diakonie.

Wenn ein Elternteil oder gar beide Eltern unter einer psychischen Erkrankung leiden, hat das für Kinder noch eine ganz andere Dimension: Sie fühlen sich oft mitverantwortlich für die Erkrankung, haben aber niemanden, mit dem sie darüber sprechen können — oder dürfen, weil sie ein Schweigegebot beachten müssen.

Oft sind sie „Hilfspfleger“, übernehmen zu früh zu viel Verantwortung, ob bei der Versorgung mit Medikamenten oder der Betreuung jüngerer Geschwister. Nicht selten sind sie damit überfordert. Da sie nie Freunde mit nach Hause bringen können, sind diese Kinder oft einsam und allein zu Hause. „Das unbeschwerte Kindsein fehlt ihnen völlig“, sagt Esken.

Dazu kommt, dass diese Kinder ein deutlich höheres Risiko haben, später selbst an diesen Krankheiten zu erkranken. „Ein Kind oder Jugendlicher eines depressiven Elternteils hat ein 20 Prozent höheres Risiko, selbst eine Depression zu bekommen“, erklärt Projektleiterin Sabine Weber. Zugleich leiden aber auch die erkrankten Eltern, die sich Sorgen um ihre Kinder machen.

Paten könnten einen Ausweg aus dieser Falle bieten. Weber bringt es auf den Punkt: „Patenschaften bieten die Aussicht auf ein gesundes Leben.“ Dafür sucht die Diakonie geeignete Paare oder auch Einzelpersonen, die das Kind oder die Kinder einmal in der Woche nachmittags und vielleicht einmal im Monat für ein Wochenende abholen und gemeinsam etwas Schönes unternehmen. Der Bedarf sei groß.

Konkret sind derzeit mehr als zehn Fälle bekannt, die Dunkelziffer betroffener Kinder könnte in Ratingen bei etwa 500 liegen. Die Paten werden natürlich geschult. Esken: „Wir werden auch in Vorgesprächen herausfinden, ob jemand geeignet ist und auch anfangs mit den Paten zum Kennenlernen in die Familien gehen.“ Außerdem stehe die Diakonie mit ihren Personal- und Fachressourcen im Hintergrund. Entscheidend dabei ist: „Das Engagement soll eine Kontinuität haben.“