Affäre in Ratingen: TVR verklagt Horst Becker
Der Ex-Vorsitzende hat sich Arbeiten rund um das Mehrkampfmeeting bezahlen lassen. Zurecht, sagt er. Doch der Sportverein beansprucht das Geld für sich.
<strong>Ratingen. Das saß: Was Silvia Glander, stellvertretende Vorsitzende des TVR, am Mittwochabend bei der Jahresversammlung auspackte, verschlug den Mitgliedern zunächst die Sprache. Horst Becker, bis 2007 langjähriger Vorsitzender des Vereins, habe von 1997 bis 2005 von den Überschüssen des Mehrkampfmeetings profitiert, teilte sie mit. Der Vorstand habe Belege, wonach binnen drei Jahren 60000 Euro von der ausführenden Agentur Willi Wühlbecks an Becker gezahlt wurden. Die Vorwürfe öffentlich zu machen, habe sie "schlaflose Nächte" gekostet, erklärte Silvia Glander der WZ. "Wir sind alle sehr enttäuscht von Becker." Zum einen, weil er sein Ehrenamt missbraucht habe, "um sich an Überschüssen zu bedienen, die keiner kennt". Zum anderen, weil man so große Stücke auf Becker gehalten hatte - und ungeachtet der Situation bis heute hält. An seinen Verdiensten in 28 Jahren als Erster Vorsitzender will niemand rütteln. Dennoch wird der Fall voraussichtlich die Justiz beschäftigen. Zunächst habe man nämlich per Anwalt die 60000 Euro von Becker eingefordert. Glander: "Geld, das dem Verein zusteht." Doch Becker sah - und sieht das anders. "Ich bin mir nicht bewusst, etwas Unrechtes getan zu haben - sonst hätte ich das auch nicht gemacht", erklärte er am Donnerstag der WZ. Bei der Jahresversammlung war er nicht dabei: Schwer herzkrank wollte er sich der Situation nicht aussetzen. Horst Becker fühlt sich als Opfer, klingt verbittert, wenn er sagt: "Ich kann keinem raten, ein Ehrenamt anzunehmen." Denn was er der Agentur von Willy Wühlbeck in Rechnung gestellt hatte, seien Leistungen gewesen, die weit über seinen Einsatz als Erster Vorsitzender hinaus gingen. Fünf bis sechs Stunden täglich habe er in sein Ehrenamt gesteckt - teilweise auch in die Organisation des Mehrkampfmeetings. Doch von Jahr zu Jahr mehr, habe er auch Aufgaben übernommen, die eigentlich von der Agentur hätten abgedeckt werden müssen: Verwaltungsarbeiten, Rechnungen an Anzeigenkunden schreiben, ausländische Athleten beherbergen und betreuen - oft auch über das eigentliche Ereignis hinaus. "Ich habe auch ein Privatleben - und da kann ich tun, was ich will", findet Becker.
Die Missgunst, die ihm in dieser Sache aus Teilen des Vorstands entgegen schlug, quält ihn besonders. Auch andere Vorstandsmitglieder hätten mit ihren Unternehmen schon Leistungen für den Verein erbracht - gegen Rechnung. "Und daran finde ich auch nichts Besonderes."
So wird es auch verständlich, warum sich der heutige Vorstand mit Horst Becker nicht hinter den Kulissen hat einigen können. Um des Friedens willen hatte Becker zuletzt angeboten, ein Drittel der Summe an den Verein zu zahlen, doch der forderte mindestens zwei Drittel.