Asyl: Zeichen stehen auf Neubau

Mehr als 140 Flüchtlinge leben bereits in Wülfrath. Die Stadt braucht jeden Platz.

Asyl: Zeichen stehen auf Neubau
Foto: Simone Bahrmann

Noch vor einem Monat bezeichnete Sozialamtsleiter Mike Flohr den Flüchtlingszustrom nach Wülfrath als „stabil auf hohem Niveau“. Da brachte die Stadt gut 100 Flüchtlinge unter — heute sind es mehr als 140.

Das Notfall-Szenario ist eingetroffen. Das hat vor allem Auswirkung auf den geplanten Neubau des Heimes an der Fortunastraße. Planungsrechtlich hat die Politik bereits zugestimmt, die Stadt wollte aber erst mit den Arbeiten beginnen, wenn es nicht mehr anders geht. Das ist wohl schon bald der Fall. Mike Flohr: „Ich rechne damit, dass es zum Neubau kommen wird.“

Doch auch wenn die Stadt morgen anfangen würde, das rund 600 000 Euro teure Gebäude an der Fortunastraße zu errichten, könnte frühestens in einem halben Jahr der erste Asylbewerber einziehen. Bis dahin muss sich die Verwaltung anders behelfen.

Überbelegungen sind ein Weg. Das Heim In den Eschen für alleinstehende Männer platzt bereits seit Monaten aus allen Nähten. Christel Gruner-Olesen aus dem Vorstand der Flüchtlingsinitiative Inga berichtet, dass die Bewohner dort größtenteils zu viert in einem Zimmer untergebracht sind.

Etwas Entspannung könnte das leerstehende Gebäude der Stadt an der Adresse Am Rathaus 1a bringen. Dort ziehen im September 29 Bewohner ein. „Die Bauarbeiten liefen nach Plan“, berichtet Mike Flohr.

Die Idee, Flüchtlinge im Obdachlosenheim Maushäuschen unterzubringen, ist bereits in die Tat umgesetzt. Stadt-Sprecherin Franca Calvano sagt: „Da waren noch Kapazitäten frei, die Flüchtlinge sind jedoch räumlich getrennt von den Obdachlosen untergebracht.“ Das funktioniere in dem mehrgeschossigen Gebäude ohne Probleme.

Sozialamtsleiter Mike Flohr streckte die Fühler ebenso in Richtung Privatwohnungen aus. „Wir sind mit mehreren Vermietern im Gespräch.“ Derzeit sind noch keine Flüchtlinge außerhalb von Heimen untergebracht. Wie viele Menschen künftig in Privatwohnungen unterkommen könnten, ist noch unklar. „Das hängt auch noch von den Vermietern ab“, sagt Flohr.

Auch die Pläne für die baufällige Einrichtung Wilhelmstraße müssen angesichts der aktuellen Zahlen neu überdacht werden. „Wir brauchen jetzt jede Unterbringungsmöglichkeit“, sagt Stadt-Sprecherin Calvano. Ein baldiger Auszug der Flüchtlingsfamilien aus dem Gebäude, das früher einmal zum Rathaus gehörte, ist damit in weitere Ferne gerückt.

Das ist bitter vor dem Hintergrund, dass gerade noch am Dienstagabend Beteiligte von Politik, Verwaltung, Kirchen und Flüchtlingshilfe gemeinsam mit Bürgermeisterin Claudia Panke zu einer Arbeitsgruppe mit dem Thema „Standards in Flüchtlingsheimen“ zusammensaßen. Fragen wie „Wie viel Platz sollte jeder Bewohner zur Verfügung haben?“ sollen erarbeitet und am Ende ein Konzept der Politik zur Abstimmung vorgelegt werden. Die Fraktionen von Linke und Grünen hatten das gefordert.

In Zeiten von Überbelegung und Notlösungen rücken die Wünsche vom Idealzustand leider in weitere Ferne. Calvano: „Da hat uns die Realität jetzt leider etwas überholt.“ Sozialamtsleiter Flohr sagt es so: „Die Aufstellung der Standards wird nichts daran ändern, dass wir auch in Zukunft in Notsituationen von diesen Standards abweichen müssen.“