Kinderschutzbund Ratingen: Löwenherz macht Kindern Mut
In der Beratungsstelle wird Kindern und Eltern geholfen.
Ratingen. Vernachlässigung, Misshandlung oder sexueller Missbrauch - auch Ratingen ist keine Insel der Glückseligen. Was viele nicht wahrhaben wollen, ist Alltag von Kornelia Schröder, Vorsitzende vom Kinderschutzbund Ratingen. "Es gibt in Ratingen eine steigende Tendenz, gerade was die Zahl der Vernachlässigungen betrifft", bestätigt sie.
Und zwischendurch kommen Fälle, bei denen auch sie und ihre Mitarbeiter schlucken müssen. Wie etwa am vergangenen Weihnachten, als sich kurz vor dem Fest eine Mutter endlich ein Herz fasste, und die Misshandlung ihrer drei Kinder durch den Großvater anzeigte.
Solche Fälle gibt es immer wieder, in denen gerade Frauen die Augen vor den Gewalttaten in der Familie verschließen. "Sie haben Angst um die Beziehung oder um ihre Existenz. Deshalb verdrängen sie alles", erklärt Kornelia Schröder das Phänomen.
Ein viel größeres Problem sieht Schröder allerdings in der zunehmenden Zahl von Vernachlässigungen, 2007 waren es 29 Fälle. "Da gibt es ganz viele Abstufungen und unterschiedliche Formen", erklärt Schröder. "Mangelnde Erziehungskompetenz" nennt Schröder als Hauptproblem.
Die Eltern wüssten nicht, was schief läuft, nur eben, dass etwas nicht stimmt. Eine große Gruppe bilden da die so genannten "bildungsfernen Schichten", die die Kinder oft überhaupt nicht mehr erziehen würden. "Da fehlt dann auch oft das Geld."
In ihren Räumen an der Düsseldorfer Straße betreuen die Mitarbeiter des Kinderschutzbundes Eltern und Kinder, führen Therapien durch und beraten. Allein im vergangenen Jahr gab es in Ratingen 102 Fälle, die der Kinderschutzbund bearbeiten musste.
Bei 44 dieser Fälle ging es um sexuellen Missbrauch, bei 16 um Misshandlung und 38 Fälle von Gewalt in der Familie.
Positiv findet Kornelia Schröder die Tendenz, dass mehr Hinweise von Nachbarn oder Lehrern kommen. Für diese Verdachtsfälle ist allerdings das Jugendamt zuständig. "Wir bekommen dann konkrete Arbeitsaufträge für Therapien oder Begleitenden Umgang", erzählt Schröder.
Aber auch viele Kinder und Jugendliche selbst suchen den Kontakt zum Kinderschutzbund, wenn es Probleme mit der Familie gibt. "Deshalb heißt unsere Beratungsstelle auch Löwenherz, denn für Kinder ist es eine unheimliche Überwindung zu uns zu kommen."
Die Kleinen seien ihren Eltern unheimlich loyal gegenüber, selbst wenn diese sie schlagen. "Man glaubt gar nicht, wie Kinder ihre Eltern schützen oder auch deren Aufgaben übernehmen", so Schröder.
Eine Verbesserung für die Situation der Kinder und auch ihrer Eltern verspricht sich Kornelia Schröder von der Einführung des Dormagener Modells in Ratingen. "Doch natürlich wird es nie eine vollkommene Sicherheit geben."