Nachhilfe für junge Radfahrer

Mit einem gezielten Programm will die Polizei auch an weiterführenden Schulen in Sachen Verkehrserziehung und Unfallverhütung aktiv werden.

Ratingen. Jessica muss wieder laufen lernen. Mühsam, schmerzhaft und in kleinen Schritten. Die Zwölfjährige lag nach einem schweren Verkehrsunfall mit komplizierten Brüchen wochenlang im Krankenhaus. Wer Schuld an dem Unfall hat, wird ein Gericht klären. Der Autofahrer, mit dessen Wagen Jessica zusammenstieß, hatte nach Ansicht der Polizei eigentlich keine Chance, den Unfall zu verhindern: Das Mädchen war im Dunkeln ohne Beleuchtung am Rad über den Fußgängerüberweg geradelt. Und als die Polizei das Fahrrad nach dem Unfall untersuchte, stellte sich heraus, dass auch die Bremsen nahezu ohne Wirkung waren.

Jessica ist zum Glück ein Einzelfall. Der Zustand ihres Fahrrades und ihr Fehlverhalten im Straßenverkehr allerdings nicht. Die Polizei will deshalb bei der Verkehrserziehung und Unfallverhütung neue Wege gehen. Auch an den weiterführenden Schulen soll es künftig verstärkt Sicherheitsberatungen geben.

Bislang fanden die Aufklärungsmaßnahmen vor allem im Kindergarten ("Fußgängerführerschein") und in den Grundschulen statt. Im dritten und vierten Schuljahr organisierte die Polizei flächendeckend das Radfahrtraining, das mit einer kleinen Theorieprüfung und einem praktischen Teil abschloss. Natürlich wurde auch das Fahrrad auf seine Verkehrssicherheit überprüft. Danach war Schluss.

Ein Erlass des Kultursministeriums soll das ändern. Warzecha: "Es gibt spezielle Programme, die auf Realschulen und Gymnasien zugeschnitten sind. Außerdem kann man das Thema auch fächerübergreifend im Unterricht behandeln: In Mathe lässt sich der Bremsweg berechnen, in Bio die Frage klären, warum man einen Helm tragen muss." Vielen Schülern würde auch der theoretische Hintergrund fehlen.

Warzechas Kollege Jörg Guse berichtete auf einem Infoabend für Fünftklässler-Eltern von einem elfjährigen Steppke, der ihm voller Stolz seinen Fahrradtacho gezeigt hatte: als Höchstgeschwindigkeit waren 74Stundenkilometer gespeichert - bergab mit Rückenwind und im höchstem Gang. Als Guse fragte, "wie sähe der Junge wohl aus, wenn er bei diesem Tempo gestürzt wäre?", wurde es ganz still im Raum.