Neviges: Eine Familie der süßen Zunft

Neviges. Anno 1908 ging die Nevigeser Konditorei Paaß an der Klosterstraße in Familienbesitz über.

Neviges. Dieses Haus atmet Geschichte. Mit jedem Schritt und Tritt eröffnen sich dem Besucher neue Bilder. Bilder einer längst vergangenen Zeit. Einer Zeit, als Pferdefuhrwerke das Straßenbild prägten, als die Damen in ihren langen Kleidern von gut gekleideten Herren in Frack und Zylinder hofiert wurden. Und plötzlich ist sie da: Frau Gräfin von Ansemborg drüben am Tisch, wie sie vom Schloss-Conditor höchstpersönlich bedient wird. Es ist im September 1896, als sie im Café an der Seite ihres Gatten einige angenehme Stunden genießt.

Heute, 112 Jahre später, ist sie immer noch zu spüren, diese gute, alte Zeit. "Wir bemühen uns, Altes und Neues miteinander zu verbinden", betont Magdalena Paaß (62). Mit ihrem Mann Tilmann (70) und Sohn Til (35) führt sie das Café mit Konditorei direkt neben dem Wallfahrtsdom in dritter beziehungsweise vierter Generation. Seit 100Jahren befindet sich das Haus im Familienbesitz, die Wurzeln gehen indes bis ins 19. Jahrhundert zurück. Wie weit genau, weiß keiner mehr.

Die "Dynastie Paaß" übernahm die Geschäfte anno 1908. Der Maler Heinrich Bungert hatte das Geschäft damals an seinen Neffen Johann übergeben, dessen Tochter Maria später den Konditormeister Tilmann Paaß heiratete - die Familiengeschichte nahm ihren Lauf.

Von Freitag bis Sonntag wird der 100. Geburtstag gefeiert - gebührend, aber im kleinen Kreis. Ein besonderes Geschenk gibt es zum Auftakt von Bürgermeister Stefan Freitag. Er bringt die Schlotschmed-Plakette, die höchste Auszeichnung der Stadt Velbert, mit. Aber nicht nur der 100. wird begangen. Genau 40Jahre ist nämlich es her, dass das Haus an der Klosterstraße mit einem Anbau erweitert wurde - übrigens in dem Jahr, als auch der Mariendom erbaut wurde und seitdem die Pilger anlockt.

Von 50 auf 150 Plätze wuchs damals der Gastbereich. Und: Es gibt mittlerweile nicht nur Süßes aus der hauseigenen Konditorei, sondern auch einen gut-bürgerlichen Mittagstisch. "Den hatte schon mein Schwiegervater in den 50er Jahren begonnen", erinnert sich Magdalena Paaß. "Mit Bockwurst und Brötchen fing es an."

Die absoluten Renner kommen aber nach wie vor aus der "Kuchen-Fraktion": Frankfurter Kranz (mit Buttercreme), Königskuchen (fest) und Rodon (eine Art Guglhupf) werden allesamt nach dem 100 Jahre alten, bis heute geheimen Hausrezept hergestellt. Eine Legende sind auch die eigens kreierten Domspitzen mit Schokobuttercreme und Marzipan.