Ratingen: Das Rathaus wird neu gebaut
Die Politik entscheidet sich in geheimer Abstimmung mit 40:27 Stimmen für einen Neubau.
Ratingen. Die Würfel sind gefallen! In geheimer Abstimmung votierte der Stadtrat Donnerstag überraschend deutlich mit 40:27 Stimmen für einen Neubau und gegen die Sanierung des Rathauses. Damit setzt sich die Mehrheit der Lokalpolitiker Ratingens über die recht klaren Voten zweier Bürgerentscheide hinweg, die mehrheitlich für eine Sanierung ausgefallen waren. Mit dieser Abstimmung wurde eine Grundsatzentscheidung in einer Sache gefällt, die seit nunmehr neun Jahren die Politik beschäftigt.
Die Abstimmung versprach Hochspannung: 34 Stimmen wären für eine hauchdünne Mehrheit erforderlich gewesen. Bürger Union und Bürgermeister konnten 18 Stimmen pro Neubau aufbringen. In der SPD waren Neubau-Befürworter und -gegner recht gleichmäßig verteilt. In der CDU sollen die Sanierungsanhänger sogar die Mehrheit gehabt haben, wie Fraktionschef Ewald Vielhaus ausführte. Grüne, FDP und Ratinger Linke waren uneingeschränkt pro Sanierung.
Angesichts der Bedeutung der Entscheidung sprachen sich alle Fraktionen für eine namentliche Abstimmung aus - das sei man den Bürgern schuldig. Und so gab es einen Aufschrei der Empörung, als BU-Fraktionsvorsitzender Lothar Diehl geheime Abstimmung beantragte. Die kann laut Geschäftsordnung des Rates nicht abgelehnt werden. "Angst vor dem Wähler" und "Armutszeugnis" waren noch die harmloseren Kommentare.
SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Wiglow, der sich rhetorisch und argumentativ in Topform zeigte, richtete einen flammenden Appell an die Ratskollegen: Beide Positionen hätten ihre Berechtigung, jedes Ratsmitglied solle frei und ohne Zwang entscheiden. Und: "Die Bürger haben ein Recht auf eine offene und namentliche Abstimmung." Ins gleiche Horn stieß CDU-Fraktionsvorsitzender Ewald Vielhaus der zugab, dass seine Fraktion gespalten sei. Er plädierte für die Umsetzung des Bürgerwillens. Gerold Fahr (CDU) dagegen sprach aus wirtschaftlichen und finanziellen Gründen für den Neubau. "Da muss man sich auch einmal gegen den Mainstream stellen." Lothar Diehl rollte die Chronik der Rathausfrage noch einmal auf und betonte: "Die Bürger haben gar nichts entschieden, sonst säßen wir jetzt nicht hier." Es sei keine Gewissens-, sondern eine Kopfentscheidung.