Wülfrath: Haushalt - sattes Plus aus Zinsgeschäften
Trotz der Finanzmisere arbeitet die Stadt mit riskanten so genannten Zinswetten. Politiker sind empört – die Zahlen stimmen.
Wülfrath. Aufregung in der Wülfrather Politik: Auch in der Kalkstadt wird mit öffentlichem Geld bei so genannten hoch riskanten Zinswetten spekuliert. Wie die WZ berichtete, waren Städte wie Hagen und Neuss kürzlich in die Schlagzeilen geraten, weil sie mit solchen Derivatgeschäften, also dem Tausch von lang- in kurzfristige Darlehen, Millionenverluste erlitten hatten. Die Demokratische Linke (DLW) fordert daher eine Sondersitzung des Haupt- und Finanzausschusses zur Aufklärung der Vorgänge.
Doch viel aufzuklären gibt es da nicht, meint Kämmerer Wolfgang Peetz. Wie der Politik mehrmals bekannt gemacht worden sei, arbeite die Stadt bereits seit 2002 mit Zinstauschgeschäften. Und zwar mit Erfolg: Bisher habe Wülfrath mit insgesamt 17 solcher Anlagen so 1,2 Millionen Euro erwirtschaftet, rechnet der Peetz vor. Allein im laufenden Jahr brachten Zinsgeschäfte 350 000 Euro in den klammen Haushalt (siehe unten) ein. "Das sind keine Wetten", sagte Peetz zur WZ. Vielmehr beruhten die Geschäfte auf Annahmen von Zinsentwicklungen - "wie bei jedem Kredit."
"Wenn Sie ein Haus bauen und dafür ein fest verzinstes Darlehen annehmen, rechnen Sie auch mit einer Annahme - der, dass der Zins jahrelang stabil bleibt." Umgekehrt habe die Stadt bei ihren Zinsgeschäften langfristige Kredite gegen kurzfristige mit niedrigeren, aber variablen Zinsen getauscht. Beraten hat sie dabei die Commerzbank. Peetz: "Das Risiko war breit gestreut und jederzeit kalkulierbar."
Schuldenlast Aktuell beträgt Wülfraths Schuldenstand 18,67 Millionen Euro. Das Steueraufkommen Wülfraths ist um 9,2 Prozent oder gut zwei Millionen Euro gesunken.
Sicher, die Zahlen geben Wolfgang Peetz auf den ersten Blick recht: Wülfrath ist mit seinen Zinsgeschäften bisher gut gefahren. Doch ob das angesichts der gerade angelaufen weltweiten Bankenkrise so bleibt? Der Kämmerer argumentiert gegenüber der WZ, wer 1,2 Millionen Euro gewonnen habe, der könne sich weiterhin etwas Risiko leisten. Doch Wülfrath sitzt so tief im Minus, dass es genau diese Spieler-Mentalität eben nicht gebrauchen kann. Wer mit öffentlichem Geld arbeitet, sollte auf größtmögliche Sicherheit setzen. Mit einem langfristigen Kredit kann ich planen. Mit den Turbulenzen des Kapitalmarktes aber nicht.